Hit the road, Jack: Wenn Sie als Praxisinhaber Angestellten kündigen
Machen Sie Fehler bei der Kündigung Angestellter, kann das bittere Folgen haben. Wann können Sie als Praxisärztin oder -arzt Ihrer MFA fristlos kündigen, wer genießt Kündigungsschutz, wann ist eine Abfindung notwendig? Ein Überblick.
In Ihrer eigenen Praxis als Ärztin oder Arzt müssen Sie sich auch um Personalangelegenheiten kümmern. Da das Thema Kündigung von Mitarbeiten normalerweise nicht ständig aufkommt, haben Praxisinhaberinnen und -inhaber im akuten Fall meist eine Reihe Fragen dazu.
Die wichtigsten beantworten wir hier.
Ordentliche vs. außerordentliche Kündigung
Ein relevanter Unterschied besteht zwischen der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung. Bei der ordentlichen Kündigung kündigen Sie das Arbeitsverhältnis und halten dabei die per Vertrag oder Gesetz festgelegte Kündigungsfrist ein.
Für die ordentliche Kündigung brauchen Sie als Arbeitgeber keinen dringenden Grund und in Kleinbetrieben müssen und sollten Sie gar keinen Grund angeben. Auch der Tarifvertrag für die MFA schreibt hier nichts anderes vor.
Gilt aber das Kündigungsschutzgesetz in Ihrer Praxis, müssen Sie einen Grund nennen, der entweder im Verhalten oder in der Person der Mitarbeiterin liegen muss oder aber betrieblich begründet ist. Das Kündigungsschutzgesetz gilt, wenn Ihre Mitarbeiterin länger als sechs Monate bei Ihnen beschäftigt ist und in der Praxis mehr als zehn Mitarbeitende tätig sind, wobei Teilzeitkräfte nur anteilig angerechnet werden.
- außerordentliche Kündigung ist in der Praxis in der Regel eine „fristlose“ Kündigung. Voraussetzung dafür: Es liegt ein Grund vor, der zur Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist berechtigt. Solche schwerwiegenden Gründe können zum Beispiel Arbeitsverweigerung sein, das Androhen einer Erkrankung oder Diebstahl.
- die fristlose Kündigung muss innerhalb von 2 Wochen ausgesprochen werden, und diese Zeit läuft in der Regel ab dem Moment, ab dem Sie oder beispielsweise Ihre Praxismanagerin von dem wichtigen Grund erfahren haben. Details erfahren Sie in unserer Praxisinfo „Kündigung“.
Eine Kündigung muss in jedem Fall auf Papier erfolgen (per E-Mail genügt also nicht). Wichtig ist, dass Sie die Kündigungserklärung nachweisbar zustellen, wie durch ein Einwurfeinschreiben oder einen Boten.
Je nach Situation kann auch ein Aufhebungsvertrag zwischen Ihnen und Ihrem Mitarbeiter eine bessere Lösung sein als die Kündigung.
Welche Kündigungsfristen gelten?
Kündigungsfristen sind gesetzlich, tarifvertraglich oder vertraglich geregelt. Bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen gilt in den ersten zwei Jahren der Beschäftigung die gesetzliche Kündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende.
Diese Fristen verlängern sich, je länger ihre Mitarbeitenden bei Ihnen beschäftigt sind. Prüfen Sie auch, ob eventuell tarifliche oder vertraglich vereinbarte Fristen eine Rolle spielen.
Bei einer Kündigung während der Probezeit greift eine verkürzte Frist von 2 Wochen, wenn dies vereinbart wurde.
Hier finden Sie eine genaue Übersicht über relevante Kündigungsfristen. Zudem sollten Kündigungsfristen auch im Arbeitsvertrag geregelt werden.
Welche Rolle spielt der Kündigungsschutz?
Neben dem Kündigungsschutzgesetz besteht auch für gewisse Personengruppen ein besonderer Kündigungsschutz. Z. B. genießen Mitarbeitende, die eine Schwerbehinderung haben, schwanger oder in Elternzeit sind, einen solchen zusätzlichen Kündigungsschutz.
Sie dürfen also nur unter besonders strengen Voraussetzungen gekündigt werden – bei Elternzeit nur dann, wenn die zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung erteilt hat.
Beantragt der/die Arbeitnehmer/in Elternzeit, dann greift das Kündigungsverbot bereits, wenn der Antrag 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit oder innerhalb der 8-Wochen-Fristeingereicht wird. Möglich ist eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Die Inhalte, Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrages finden Sie hier.
Mehr Information zu diesen Voraussetzungen und zur Beschäftigung dieser Personengruppen finden Sie in unseren Praxisinfos „Mutterschutz und Elternzeit“ und „Schwerbehinderung“. Bevor Sie einer Person in Elternzeit kündigen, lassen Sie sich in jedem Fall von uns beraten.
Für Kündigungen gibt es viele Gründe, die nichts mit Fehlverhalten eines oder einer Angestellten zu tun haben. Eine Übersicht finden Sie unter „Kündigungsgründe“. Praktische Tipps für eine betriebsbedingte Kündigung finden Sie auf unserem Blog.
Muster-Kündigungsschreiben können Sie hier herunterladen.
Wie können Sie Azubis kündigen?
Vor und während der Probezeit, also in den ersten 4 Monaten, können sowohl Sie als Arbeitgeber als auch der oder die Auszubildende das Arbeitsverhältnis ordentlich kündigen, ohne Gründe anzugeben. Nach der Probezeit können Sie nicht mehr ordentlich kündigen, der oder die Azubi dagegen schon – mit einer Frist von 4 Wochen.
Außerordentlich kündigen können beide Seiten bei schwerwiegendem Fehlverhalten.
Lassen Sie sich von uns beraten, wenn Sie einer Auszubildenden kündigen wollen.
Statt zu kündigen, können Sie auch hier einen Aufhebungsvertrag anbieten, bei Minderjährigen mit Zustimmung der Eltern. Nutzen Sie dafür unser Muster „Aufhebungsvertrag“.
Alles zur Ausbildung einer MFA in Ihrer Praxis finden Sie auch in unserer Praxisinfo „Ausbildung“.
Wie können Sie Abfindungen einsetzen?
Einen Anspruch auf eine Abfindung haben Arbeitnehmende in der Regel nicht. Abfindungen können aber eine faire Lösung sein, um eine Kündigung einvernehmlich zu gestalten und unschöne Streitigkeiten zu vermeiden. Oft werden Abfindungen angeboten, wenn Arbeitgeber mit einer Kündigungsschutzklage rechnen.
- Wenn Sie betriebsbedingt kündigen und im Kündigungsschreiben auf die Möglichkeit einer Abfindung hinweisen. Dafür müssen jedoch weitere Kriterien erfüllt sein, wie in unserer Praxisinfo „Kündigung“ dargestellt.
- Wenn Sie einen Kündigungsschutzprozess vermeiden wollen und in einem Aufhebungsvertrag eine Abfindung festlegen
- Wenn Ihr gekündigter Mitarbeiter Kündigungsschutzklage erhebt, das Gericht die Kündigung für unwirksam erklärt und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses anordnet
- Wenn Ihr gekündigter Mitarbeiter Kündigungsschutzklage erhebt und Sie sich mit ihm vor auf einen Vergleich einigen, um den Rechtsstreit zu beenden.
Die Höhe und Art der Abfindung Höhe und Art hängen von der jeweiligen Situation ab.
Muster-Kündigungsschreiben finden Sie in unserem Downloadbereich.
Wie handhaben Sie das Arbeitszeugnis richtig?
Nach einer Kündigung haben Mitarbeitende Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Dieses muss wohlwollend formuliert sein, aber auch die tatsächliche Leistung korrekt widerspiegeln.
Achten Sie darauf, dass das Zeugnis klar strukturiert und frei von versteckten negativen Formulierungen ist, da dies rechtliche Konsequenzen haben kann. Beim Verfassen eines Arbeitszeugnisses kann Ihnen unsere Word-Vorlage „Arbeitszeugnis“ helfen. Umfassende Information bietet unsere Praxisinfo „Arbeitszeugnis“.
Wie gehen Sie mit emotionalen und personellen Auswirkungen im Team um?
Eine Kündigung kann Spannungen im Team auslösen. Kommunizieren Sie klar und transparent mit Ihrem Team, um Missverständnisse zu vermeiden. Sorgen Sie dafür, dass sich Ihre Mitarbeitenden wertgeschätzt fühlen und bieten Sie bei Bedarf Unterstützung an, um den Übergang für das restliche Team so reibungslos wie möglich zu gestalten.
Sie sind unsicher, ob eine Kündigung in Ihrem Fall verhältnismäßig ist? Nutzen Sie unsere Rechtsberatung oder informieren Sie sich auf unserer Seite und in der Praxisinfo „Abmahnung“ zu weiteren Möglichkeiten.
Lesen Sie auch unseren Beitrag „Letzter Ausweg Kündigung?“ bei Konflikten zwischen Ihren Angestellten.
Damit es nicht zur Kündigung kommen muss, kann gute Teamführung im Vorhinein helfen. Dazu gehören u. a. transparente und strukturierte Kommunikation wie zum Beispiel das Mitarbeitergespräch, regelmäßiges Feedback und Wege der Deeskalation im Konfliktfall. Auch gute Praxisorganisation kann schwierigen Situationen vorbeugen oder sie abfedern. Der Virchowbund unterstützt mit Tipps im Praxisärzte-Blog und individueller Beratung.
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