In unserem Rechts-Newsletter sammeln wir für Sie aktuelle Urteile und juristische Fälle. Sie haben noch Fragen zu Arbeitsrecht, Berufsrecht oder einem Vertrag? Ich berate Sie gern.

Andrea Schannath
Rechtsberatung

Dürfen Sie dauernd kranken Mitarbeitern kündigen?

Häufige und unterschiedliche Kurzerkrankungen eines Arbeitnehmers können ein Hinweis für eine allgemeine Krankheitsanfälligkeit sein. Sie können eine negative Gesundheitsprognose begründen.

Ist der Arbeitgeber mit den vor diesem Hintergrund zu erwartenden Kurzerkrankungen erheblich wirtschaftlich belastet, kann er dem Arbeitnehmer aus personenbedingten Gründen kündigen. Dies stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern in seinem Urteil vom 7.5.2024 (Az.: 5 Sa 56/23) fest.

Das könne auch dann gelten, wenn die einzelnen Erkrankungen des Arbeitnehmers zwar ausgeheilt sind, aber dennoch in Zukunft mit einem erneuten Auftreten zu rechnen ist.

 

So kam es zur Entscheidung

Ein Mann war zuletzt als Maschinenbediener in einem Unternehmen der Brot- und Backwarenindustrie tätig. In den Jahren 2018 bis 2022 war er wiederholt kurzzeitig krank, häufig etwa an einer akuten Bronchitis, die er auf schlechte Lüftungsbedingungen am Arbeitsplatz zurückführte. Aber auch wegen regelmäßigen Gelenk- und Rückenschmerzen fiel er aus.

Durchschnittlich fehlte er jedes Jahr an 40 Tagen im Betrieb. Wegen der Kurzzeiterkrankungen musste der Arbeitgeber jedes Mal Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten, meist zwischen 7.000 und knapp 8.500 Euro jährlich. Um den Arbeitsausfall auszugleichen, musste der Arbeitgeber zudem auf Leiharbeitskräfte zurückgreifen.

Das Unternehmen bot dem Mann mehrfach ein betriebliches Eingliederungsmanagement an. Doch der Beschäftigte nahm es nur einmal in Anspruch. Er war weiter häufig für kurze Zeit krank.

Als der Mann nach einer Erkrankung im Oktober 2022 das Angebot eines betrieblichen Eingliederungsmanagements erneut ablehnte, kündigte der Arbeitgeber ihm. Die Kündigung wegen der häufigen Kurzzeiterkrankungen wurde ordentlich und fristgerecht zum 30. Juni 2023 ausgesprochen.

Wegen der Fehlzeiten von durchschnittlich 40 Tagen pro Jahr bestehe eine negative Gesundheitsprognose, so die Begründung. Es sei mit weiteren, häufigen Kurzzeiterkrankungen zu rechnen. Diese seien nicht nur teuer für die Firma, sondern störten auch die betrieblichen Abläufe erheblich, argumentierte das Unternehmen.

Der Mann hielt die Kündigung dagegen für sozial ungerecht. Die Erkrankungen seien weitgehend ausgeheilt. Die Infektionen der oberen Atemwege gingen auf die Lüftungsverhältnisse am Arbeitsplatz und auf die Corona-Pandemie zurück, gab er an.

Er klagte vor Gericht, scheiterte aber.

 

Das sagt das Gericht

Die Kündigung ist rechtswirksam. Häufige Kurzerkrankungen könnten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) eine personenbedingte Kündigung begründen.

Voraussetzung sei eine negative Gesundheitsprognose, also dass künftig mit häufigen Kurzzeiterkrankungen und einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen zu rechnen sei.

Die obersten Arbeitsrichter hatten bereits am 20. März 2014 entschieden, dass die Fehlzeiten in einem Zeitraum von mehr als sechs Wochen im Jahr zu Störungen im Betriebsablauf oder zu Entgeltfortzahlungen führen müssten, um eine Kündigung begründen zu können. Dem Arbeitgeber müsse eine Weiterbeschäftigung unzumutbar sein.

Im aktuellen Fall seien diese Kriterien erfüllt. Die häufigen, verschiedenen Kurzzeiterkrankungen würden eine negative Gesundheitsprognose begründen.

Zwar könne eine Erkrankung für die Prognose unberücksichtigt bleiben, wenn diese ausgeheilt sei. Das sei etwa bei einer Zahnerkrankung des Mannes der Fall gewesen.

Bestehe jedoch die Gefahr, dass eine ausgeheilte Krankheit erneut ausbricht (wie etwa bei Atemwegsinfekten), könne das auf eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit hinweisen. Das künftige Auftreten verschiedener, kurzzeitiger Erkrankungen sei bei dem Mann wahrscheinlich.

Wegen der negativen Gesundheitsprognose und den hohen zu erwartenden Kosten für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und den Einsatz von Leiharbeitnehmern sei der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber nicht mehr hinnehmbar – und die Kündigung daher wirksam.

Tipp

Möchten Sie Mitarbeitern kündigen? Was Sie dabei in Sachen Arbeitsrecht unbedingt beachten sollten, erfahren Sie in unserer Praxisinfo „Kündigung eines Arbeitsverhältnisses“. Für alle Arten von Kündigungen – außerordentlich, ordentlich und Änderungskündigung - finden Sie Musterschreiben im Mitgliederbereich. Lesen Sie auch weiter unter Kündigung und Arbeitsrecht.

Manchmal ist es besser, Mitarbeiter (zuvor) abzumahnen. Was dabei wichtig ist, erklärt die Praxisinfo „Arbeitsrechtliche Abmahnung“.

 

Am 11.12.2024 können Sie am Online-Seminar „Die Big Five des Arbeitsrechts“ teilnehmen. Als Mitglied im Virchowbund ist diese Fortbildung für Sie kostenlos.

Darf ein Arbeitnehmer trotz Krankschreibung feiern?

Das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) in Chemnitz hat am 30.5.2024 (Az.: 4 SA 17/23) einer Angestellten recht gegeben, die trotz Krankschreibung in der Stadt „bummeln“ und auf einer Gartenparty gesehen worden war. Das LAG hat ihren Arbeitgeber dazu verurteilt, ihr die nicht genommenen Urlaubstage aufgrund der Krankschreibung zu erstatten.

 

So kam zur Entscheidung

Ein Arbeitgeber bezweifelte die Krankschreibung einer Mitarbeiterin, da sie in der Stadt beim „Bummeln“ gesehen wurde. Laut ihres Facebook-Profils war sie außerdem auf einer Gartenparty anwesend.

Die Frau war zuvor wegen hohen Belastungsdrucks an einer psychogenen Erschöpfung erkrankt. Sie war von Juni 2021 bis Mitte August 2021 krankgeschrieben.

Ende Juni 2021 kündigte der Arbeitgeber ihr zu Ende Juli. Von der Arbeit wurde sie freigestellt.

Da sie ihren Resturlaub von 16 Tagen wegen der Erkrankung nicht mehr nehmen konnte, forderte sie eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.403 Euro. Der Arbeitgeber verweigerte jedoch die Zahlung. Zu Unrecht, laut den Richtern des LAG.

 

Das sagt das Gericht

Der Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung wurde nicht durch das Verhalten der Arbeitnehmerin erschüttert. Denn es müsse die Diagnose der Frau betrachtet werden.

Die Diagnose lautete in diesem Fall: psychogene Erschöpfung. Treffen mit anderen Personen und einfache Besorgungen seien kein Grund, diese Diagnose anzuzweifeln.

Die Angestellte hat auch einen Anspruch auf die Abgeltung der nicht genommenen Urlaubstage.

Der Arbeitgeber hatte argumentiert, dass der Urlaubsanspruch durch die Freistellung erfüllt würde. Das Gericht sah dies anders. So etwas sei im Grundsatz zwar möglich, dafür müsse aber auch im fraglichen Zeitraum eine Arbeitspflicht vorliegen.

Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit der Angestellten habe jedoch keine Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung bestanden. Daher müsse der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch abgelten.

Tipp

Auch in unserer Rechtsberatung erhalten wir häufig Anfragen zu zweifelhaften AUs – insbesondere, wenn eine Kündigung vorliegt, sei es durch den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer.

Als Arbeitgeber müssen Sie in solchen Fällen nachweisen, dass der betreffende Mitarbeiter arbeitsfähig war, obwohl ein Kollege eine AU ausgestellt hat. Das ist meist schwierig.

Wir beraten Sie gerne zu Optionen. Laden Sie auch unsere Praxisinfo „Erkrankte Mitarbeiter“ herunter.

Endlich Klarheit: Das gilt zur Sozialversicherungspflicht im Notdienst

Das Problem der Sozialversicherungspflicht von Poolärzten im ärztlichen Notdienst ist gelöst. Die Deutsche Rentenversicherung Bund und der GKV-Spitzenverband haben sich geeinigt und die Voraussetzungen festgelegt, die Ärzte erfüllen müssen, um im Bereitschaftsdienst als Selbstständige zu gelten.

Das geht aus einem Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund, des GKV-Spitzenverbands und der Bundesagentur für Arbeit an die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hervor, das uns vorliegt.

 

Kriterien für die Selbstständigkeit

Die Sozialversicherungsträger gehen zukünftig von einer Selbstständigkeit von Poolärztinnen und -ärzten sowie von Vertragsärztinnen und -ärzten aus, wenn folgende drei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Die Ärzte rechnen – wie bei der Behandlung der Versicherten in ihrer eigenen Praxis – die von ihnen konkret erbrachten Leistungen nach der Gebührenordnung mit eigener Abrechnungsnummer selbst ab und werden entsprechend ihrer tatsächlich erbrachten Leistungen vergütet.
  2. Die Ärzte zahlen ein im Verhältnis zu den tatsächlichen Betriebs-, Personal und Materialkosten angemessenes (nicht notwendig kostendeckendes, aber auch nicht nur symbolisches) und nicht umsatzbezogenes Nutzungsentgelt für
    1. die Nutzung der von den Kassenärztlichen Vereinigungen für den vertragsärztlichen Notdienst gestellten Räumlichkeiten
    2. die personellen und sachlichen Betriebsmittel
      Das Nutzungsentgelt ist auch dann zu zahlen, wenn keine oder nur wenige Versicherte behandelt wurden.
  3. Die Ärzte müssen den vertragsärztlichen Notdienst nicht höchstpersönlich erbringen, sondern können sich durch eine selbst gewählte und entsprechend qualifizierte Person vertreten lassen. Zum Zwecke der Patientensicherheit und zur Qualitätssicherung sind die Kassenärztlichen Vereinigungen berechtigt, einen Mindeststandard an die Qualifikation einer solchen Vertretungskraft festzulegen. Der im Auftrag des Arztes tätige Vertretungsarzt kann dabei auch von der Kassenärztlichen Vereinigungen oder sonstigen Dritten vermittelt werden.

 

Wenn diese Voraussetzungen insgesamt erfüllt sind, dann ist im vertragsärztlichen Notdienst sowohl bei Vertragsärzten als auch bei Poolärzten von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen.

Auch die Zahlung einer Sicherstellungspauschale ist möglich, wenn diese für die Bereitschaft zur Teilnahme an der Erfüllung des den Kassenärztlichen Vereinigungen obliegenden Sicherstellungsauftrages nach § 75 Abs. 1b SGB V gewährt wird. Diese muss im Voraus für einen bestimmten Zeitraum, für den der Arzt sich zur Teilnahme am Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet, und unabhängig von der Vergütung der konkret geleisteten Dienste, gezahlt werden.

 

Rückwirkend gültig

Diese Statusbeurteilung von Ärzten im vertragsärztlichen Notdienst gilt künftig und für die Vergangenheit, wenn die oben dargestellten drei Voraussetzungen erfüllt sind.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund verzichtet allerdings nicht auf Beitragsforderungen für die Vergangenheit in Fallkonstellationen, die nicht den drei Voraussetzungen einer selbstständigen Tätigkeit entsprechen.

Tipp

Im Praxisärzte-Blog erklären wir, was Scheinselbstständigkeit ist und wie man sie erkennt.

Bei konkreten Fragen wenden Sie sich bitte an unsere Rechtsabteilung.

Dürfen Sie negative Online-Bewertungen löschen lassen?

Wenn Patienten negative Bewertungen abgeben, ist das ärgerlich. Hat ein Arzt gegen den Betreiber des Online-Portals einen Unterlassungsanspruch, dass dieser die Bewertung nicht veröffentlichen darf?

Nein, sagte das Landgericht Koblenz am 29.05.2024 (Az.: 3 O 46/23). Ein Portalbetreiber kann nicht als unmittelbarer Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

 

So kam es zur Entscheidung

Ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ärgerte sich über eine anonyme schlechte Bewertung seiner Arztpraxis auf einem Online-Portal. Auf dem Portal können Patienten nach Ärzten suchen und diese bewerten sowie Ärzte sich selbst präsentieren.

Dem Arzt wurde in der Bewertung u. a. vorgeworfen, keine Interessen an den Beschwerden des Verfassers gehabt zu haben. Er habe innerhalb weniger Minuten ein MRT für notwendig befunden, ohne sich für die beim Patienten vorhandene Klaustrophobie zu interessieren. Der Arzt habe auch nicht nach Aufnahmen der letzten zwei Jahren gefragt.

Der Arzt forderte das Bewertungsportal auf, die Bewertung zu entfernen. Das Portal wandte sich an den nur mit einer E-Mail-Adresse registrierten Verfasser der Bewertung. Danach lehnte es die Entfernung der Bewertung ab.

Der Arzt wollte nun per Gerichtsurteil erreichen, dass das Portal die Veröffentlichung jener anonymen Bewertung unterlassen musste.

Streitig war, ob es überhaupt einen Patientenkontakt gegeben habe, bzw. ob der Arzt in der Lage war einen entsprechenden Patientenkontakt zuzuordnen oder ob es an entsprechenden Anhaltspunkten sowohl in der Bewertung selbst als auch im Vortrag des Portals fehlte.

Der Arzt war zudem der Meinung, dass die abgegebene Bewertung gegen sein Persönlichkeitsrecht verstoße und er daher einen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung habe.

Das Portal vertrat die Auffassung, dass kein Unterlassungsanspruch bestehe, weil es keiner Störerhaftung unterliege. Es habe weder Prüfpflichten verletzt noch in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arztes eingegriffen.

 

Das sagt das Gericht

Die Klage ist abzuweisen.

Hostprovider wie das Portal könnten zwar grundsätzlich als Störer auf Unterlassung bzw. Beseitigung haften, weil diese eine Plattform zur Verfügung stellen, auf der anonyme Bewertungen abgegeben werden können. Wer – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beitrage, könne als mittelbarer Störer für die Unterlassung einer Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommen werden.

Die Haftung als mittelbarer Störer dürfe aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Eine Störerhaftung setze deshalb voraus, dass Verhaltenspflichten (insbesondere Prüfpflichten) verletzt wurden.

In welchem Umfang solche Pflichten für den mittelbaren Störer gelten, ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig bzw. inwieweit es dem Portal zumutbar war, die Schutzrechtsverletzung zu verhindern. Da das Portal auf die Beschwerde des Arztes ein Überprüfungsverfahren eingeleitet, eine Stellungnahme durch den Verfasser der Bewertung eingeholt und diese dem Arzt zur Stellungnahme weitergeleitet habe, habe es die Prüfpflicht nicht verletzt.

Der Arzt argumentierte aber auch, dass überhaupt kein Patientenkontakt zwischen ihm und dem Verfasser der Bewertung stattgefunden habe. Schon deshalb habe das Portal seine Prüfpflicht verletzt.

Diese Argumentation überzeugte das Landgericht nicht. Zwar komme grundsätzlich in Betracht, dass der Arzt in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wurde, wenn der in der angegriffenen Äußerung enthaltene tatsächliche Bestandteil unrichtig gewesen sei und dem Werturteil damit jegliche Tatsachengrundlage fehle. Den Beweis dafür müsse aber der Arzt erbringen.

Das Portal treffe hinsichtlich des Behandlungskontakts lediglich eine sekundäre Darlegungslast. Dieser sei es nachgekommen. Es habe sowohl eine Stellungnahme des Verfassers der Bewertung angefordert, als auch einen ungefähren Behandlungszeitraum angegeben. Weiter habe es ausreichend ermittelt, dass beim Verfasser der Bewertung keine weiteren Unterlagen mehr zu der Behandlung existieren. Es sei nicht ersichtlich, welche weiteren Nachforschungen es hätte anstellen können, um den Sachverhalt unter Wahrung der Anonymität des Verfassers der Bewertung weiter aufzuklären.

Die Aussage des Arztes, dass kein Patientenkontakt stattgefunden habe, sei ohne Substanz. Sie fuße im Wesentlichen darauf, dass es anhand der Stellungnahmen und der Bewertung weder dem Arzt noch dem Praxisteam möglich sei, die Beschwerde einem konkreten Patientenkontakt zuzuordnen.

Auf dieser Basis sei nicht ersichtlich, dass die in der Bewertung geäußerten Tatsachen nicht der Wahrheit entsprechen. Es könne daher auch diesbezüglich keine Pflichtverletzung des Portals festgestellt werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wir werden über den Ausgang des Verfahrens berichten.

Tipp

Wenn Sie mehr über Ihre Möglichkeiten im Umgang mit Bewertungen erfahren wollen, laden Sie unsere Praxisinfo „Arztbewertungsportale“ herunter.

Lesen Sie auch unsere Tipps zu:

Wie müssen Sie über alternative Heilmethoden aufklären?

Ein Arzt muss bei der Anwendung alternativmedizinischer Verfahren die Vor- und Nachteile benennen und warum vom schulmedizinischen Standard abgewichen wird.

In der Grundaufklärung muss auch auf unzureichende Wirksamkeitsnachweise der alternativmedizinischen Behandlung hingewiesen werden. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden am 23.07.2024 (Az.: 4 U 1610/21) entschieden.

 

So kam es zur Entscheidung

Ein Mann litt unter anderem an einer Erschöpfungssymptomatik, Schlafstörungen und Kopfschmerzen. Der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin, Umweltmedizin und Homöopathie diagnostizierte mithilfe eines sogenannten Provokationstests eine Schwermetallbelastung.

Diese wollte er mit einer „Ausleitungstherapie“ und sogenannten Chelatbildnern behandeln. Der Arzt verabreichte dem Patienten eine alphaliponsäurehaltige Lösung, damit die Schwermetalle gebunden und ausgeschieden werden können.

Als die Krankheitssymptome schwerer wurden, kam der Patient notfallmäßig ins Krankenhaus. Dort wurde eine schwere Thrombozytopenie mit mittelgradiger Leberschädigung festgestellt.

Da zum gleichen Zeitpunkt fünf weitere Patienten des Arztes mit gleichen Symptomen in der Klinik behandelt wurden, verständigte die Klinik die Kriminalpolizei. Im Zuge der Ermittlungen stellte ein Gutachter fest, dass bei allen Patienten die Beschwerden durch eine weit überhöhte Menge von Alphaliponsäure verursacht wurden.

Der Mann verlangte daraufhin mindestens 200.000 Euro Schmerzensgeld. Er sei nicht ordnungsgemäß über die alternativmedizinische Therapie aufgeklärt worden. Er habe einen lebensbedrohlichen Zustand und eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) erlitten.

Das Landgericht Leipzig sprach dem Mann ein Schmerzensgeld von 15.000 Euro zu. Das war ihm zu wenig. Er klagte weiter, scheiterte aber vor dem OLG.

 

Das sagt das Gericht

Der Arzt habe dem Mann nicht die erforderliche Grundaufklärung erteilt. Bei alternativmedizinischen Behandlungen, etwa der Homöopathie, müsse der Patient „unmissverständlich“ darüber informiert werden, warum von der Standardbehandlung der Schulmedizin abgewichen wird und welche Vor- und Nachteile deshalb zu erwarten sind.

Es gebe für Außenseitermethoden wie die Ausleitungstherapie und bei fehlenden Wirksamkeitsnachweisen besonders strenge Anforderungen an die Aufklärung. Der Patient müsse wissen, worauf er sich einlässt.

Gerade weil der behandelnde Arzt auch approbierter Schulmediziner sei, hätte er auf die Unterschiede zur Schulmedizin und die Risiken der Behandlung hinweisen können.

Wegen der unzureichenden Aufklärung stehe dem Kläger aber kein höheres Schmerzensgeld zu als das vom Landgericht zugesprochene. Seine Beschwerden seien ausgeheilt, die PTBS nicht belegt.

Ist Werbung für Schönheitsoperationen mit Vorher-Nachher-Bildern zulässig?

Für einen chirurgischen Schönheitseingriff darf man nicht mit Vorher-Nachher-Bildern werben – auch dann nicht, wenn dafür schematisierende Darstellung statt Fotos genutzt werden. Solche Werbung verstößt gegen das Heilmittelwerbegesetz.

Das hat das Oberlandesgericht Koblenz am 23.4.2024 (Az.: 9 U 1097/23) entschieden.

 

So kam es zur Entscheidung

Eine Spezialklinik für plastische-ästhetische Chirurgie mit Schwerpunkt Gesichts- und Brustchirurgie warb im Internet für eine Lippenunterspritzung mit Hyaluronsäure. Die Homepage der Klinik zeigte ein schematisches Vorher-Nachher-Bild einer Lippenunterspritzung.

Ein Wettbewerbsverband klagte auf Unterlassung. Die Werbung verstoße gegen das Heilmittelwerbegesetz.

Die Klinik verweigerte die Unterlassungserklärung, unter anderem mit dem Einwand, das Verbot gelte nicht für schematische Darstellungen, sondern nur für Fotografien. Außerdem sei die Lippenunterspritzung kein operativer Eingriff.

Im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren gab das Landgericht Mainz der Unterlassungsklage des Wettbewerbsverbandes statt. Dagegen ging die Spezialklinik in Berufung. Sie unterlag aber auch in zweiter Instanz.

 

Das sagt das Gericht

Das Unterlassungsurteil des Landgerichtes ist zu bestätigen. Der Unterlassungsanspruch des Wettbewerbsverbandes rechtfertige sich aus §§ 8 Abs. 1, 3, 3a UWG 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG.

Erfasst werden von dem Werbeverbot unter anderem Augenlidkorrekturen, Fettabsaugungen, Gesäßvergrößerungen und Formungen, Gesichtsstraffungen, Haarverpflanzungen wie auch Hautunterspritzungen mit Hyaluron. Da diese Unterspritzung auch nicht medizinisch indiziert sei, greife das Werbeverbot.

Die Klinik nutze bei ihrer Werbung auch eine vergleichende Darstellung eines Körperzustandes im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift sind unter „Darstellung“ sämtliche Abbildungen zu verstehen, die visuell wahrgenommen werden können, mit Ausnahme von Schriftzeichen und solchen schematischen Zeichnungen, die keinerlei Zusammenhang mit der Darstellung des menschlichen Körpers haben.

Es müsse sich um erkennbare Darstellungen des menschlichen Körperzustandes handeln. Hierzu zählten nicht nur realistische Abbildungen, sondern auch schematisierende oder stilisierende Darstellungen, weil gerade sie Erscheinungsbilder oftmals besonders drastisch wiedergeben würden.

Die Art der medialen Wiedergabe sei gleichgültig. Sowohl Fotografien, Zeichnungen, Grafiken, als auch Film und Fernsehen können als Darstellungen im Sinne der Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG zu werten sein.

Die Bilder, die die Klinik verwendete, stellten erkennbar Frauen dar, an deren Lippen sich Unterschiede im Vorher und Nachher zeigten. Daher sei diese Werbung verboten.

Tipp

Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, wie ein Arzt werben darf, lesen Sie weiter unter Praxismarketing. Informieren Sie sich auch, was auf dem Praxisschild stehen darf.

Für individuelle Fragen wenden Sie sich bitte an unsere Rechtsberatung. Dieser Service ist bereits in Ihrem Mitgliedsbeitrag inbegriffen.

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