Rechenfehler der KV kostet Ärzte richtig viel Geld
Praxisberatung für Ärztinnen und Ärzte ist eine ernste Sache, immer abwechslungsreich – oft aber auch blanker Wahnsinn. So wie in diesem Fall aus unserer Praxisberatung:
Eine KV verkalkuliert sich bei der Verteilung des Regelleistungsvolumens und weist Ärzten zuviel Honorar zu. Wie das für die Ärzte weitergeht.
Ärzte baden unklare Rechenfehler aus: Honorarrückforderungen, die nicht sein sollten
Die meisten Virchowbund-Mitglieder müssen es als niedergelassene Ärztinnen und Ärzte schmerzlich am eigenen Leib erfahren: Das zu verteilende Honorar für Vertragsärzte ist endlich.
Eine Maßnahme zur Mengenbegrenzung ist deshalb das sogenannte Regelleistungsvolumen (RLV). Die KBV hat Vorgaben für die Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigungen gemacht. Darin heißt es:
„Dabei soll den Ärzten, Psychotherapeuten, MVZ und ermächtigten Einrichtungen eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe des zu erwartenden Honorars ermöglicht werden.“
So weit, so gut. Die KVen informieren mehr oder weniger rechtzeitig über die Höhe des zu erwartenden Honorars. Leider offenbar recht unverbindlich.
Erst verrechnet, dann zurückgefordert
Denn eine KV hatte sich verrechnet. Die „Orientierungsfallwerte“ wurden rückwirkend für nichtig erklärt, den Ärzten flatterten Honorarrückforderungsbescheide ins Haus. Zur Begründung wurde der § 106d SGB V angeführt. Das ist die Rechtsgrundlage für die Abrechnungsprüfung.
Die Ärzte wendeten sich an mich als Praxisberaterin. Hatten sie falsch abgerechnet?
Nein, die KV hat ihnen das zuvor falsch berechnete Honorar zugewiesen und fordert es jetzt zurück. Von einer Entschuldigung keine Spur. Und von Transparenz ebenso wenig: Den Ärzten wurde ja nicht einmal das Problem erklärt.
Es geht nicht um Peanuts. Es geht um Beträge, auf die man als Ärztin oder Arzt nicht mal eben verzichten kann. Die KV behält dieses Geld einfach ein.
Wir legen Widerspruch ein
Ich begleite die betroffenen Ärztinnen und Ärzte im Widerspruchsverfahren. Einem dieser Ärzte wurde nun von der KV mitgeteilt, dass dein Widerspruch abgelehnt wird. Die Begründung für die Ablehnung ist dieselbe, wie schon für den Honorarrückforderungsbescheid: § 106d SGB V.
In diesem Paragrafen werden die Regeln für die Abrechnungsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung festgelegt. Die KV erhält darin den Auftrag zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Fehler des Arztes – aber auch noch zu sehr viel mehr.
Die KV bleibt aber eine wichtige Antwort schuldig: Warum verwendet sie nicht ihre eigenen Rückstellungen? Diese muss die KV doch ausweislich des geltenden Honorarverteilungsmaßstabs „eigens dafür“ bilden.
Um deutlich zu machen, was die KV sich hier erlaubt, zerlege ich diese Worte hier einmal:
- „Rückstellungen“ sind Fremdkapital. Verbindlichkeiten also, die zu erwarten sind, deren Höhe aber noch nicht genau feststeht. Verbindlichkeit heißt nichts anderes als bindende Zusage.
- „Eigens dafür“ heißt konkret: für die Kalkulationssicherheit des Arztes.
- Kalkulationssicherheit bedeutet Vorausberechnungsgewissheit. Eine Berechnung ist (im Gegensatz zu einer Schätzung) etwas Konkretes.
Und jetzt?
Es macht mich fassungslos und auch wütend, wie die KV sich aus ihrer Verantwortung stiehlt.
Ich werde die betroffenen Ärztinnen und Ärzte weiter in dieser Sache begleiten. Falls es eine Fortsetzung geben sollte, was ich mir wünsche, dann lesen Sie sie hier.
Sie haben ebenfalls Praxiswahnsinn erlebt?
Erzählen Sie uns davon – in den Kommentaren oder per E-Mail.
Die hier dargestellten Fälle sind aus der persönlichen Praxisberatung des Virchowbundes, gesammelt und aufgeschrieben von Margaret Plückhahn, unserer Praxis- und Niederlassungsberaterin.
„In meiner täglichen Beratungspraxis begegnen mir zuweilen Fälle, die auch mich nach über 30 Jahren Tätigkeit im Gesundheitswesen nur den Kopf schütteln lassen. Fälle, die die teils tragische Absurdität unseres Gesundheitssystems offenlegen. Fälle, die zum verzweifelten Seufzen, Weinen oder Lachen bringen – und die es verdient haben, dass sie öffentlich gemacht werden.“
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