
KV rächt sich bei der Plausibilitätsprüfung
Praxisberatung für Ärztinnen und Ärzte ist eine ernste Sache, immer abwechslungsreich – oft aber auch blanker Wahnsinn. So wie in diesem Fall aus unserer Praxisberatung:

Ein Quartal arbeiten ganz ohne Honorar? Eine KV macht's möglich – mit Trödeltempo und Unfähigkeit.
Der KV fehlt der ärztliche Sachverstand
Plausibilitätsprüfungen sind ein ständiges Ärgernis für niedergelassene Ärzte. Doch dieser Fall aus meiner Beratung schlägt dem Fass den Boden aus:
Ein Arzt wird bei der Abrechnungsprüfung auffällig. Seine Abrechnung könne nicht plausibel sein, weil er die Zeitprofile, die als Maßstab gesetzt sind, überschritten hat. Die KV identifiziert verschiedene Leistungen, die das „Mehr“ verursachen.
Dazu gehört eine Leistung, bei der die KV ohne ärztlichen Sachverstand gar nicht wissen kann, ob der Arzt sie unter den angegebenen Bedingungen vollständig erbracht haben kann. Tatsächlich hat die KV selbst zugegeben, für die Beurteilung nicht kompetent genug zu sein.
Aber hier entscheidet die KV wegen Nichtwissen leider nicht „im Zweifel für den Angeklagten“. Stattdessen gibt sie ein Gutachten in Auftrag, um den Arzt zu überführen. Ich frage lieber nicht, was dieses Gutachten die KV kostet.
Blöd nur, dass mittlerweile fast 2 Jahre ins Land gegangen sind – und damit die Frist nicht mehr zu halten ist, innerhalb derer die KV die Honorarrückforderung realisieren müsste.
Was tun? Den Arzt davonkommen lassen, weil man selbst zu inkompetent und lahm war? Niemals!
Honorar aus Zeitnot gestrichen
Da schlägt die KV dem Arzt lieber ein Schnippchen und hebt vorsorglich den Honorarbescheid hinsichtlich der betreffenden GOP für das relevante Quartal auf.
Wohlgemerkt: für all (!) diese GOP.
Nicht begrenzt auf die zu prüfenden einzelnen Leistungen. Nicht begrenzt auf die Summe, die der Arzt vermeintlich zu Unrecht erlangt hat.
In Klartext heißt das: Der Arzt hat null Vergütungsanspruch für seine entsprechende Arbeit im gesamten betroffenen Quartal.
Und jetzt?
Ganz klar: In diesem Fall musste der Arzt Widerspruch einlegen. Der Virchowbund begleitete ihn dabei.
Nachdem viele weitere Sonnen unter- und Monde aufgegangen sind, hat der Arzt die Mitteilung erhalten, dass die KV den Vorwurf der Falschabrechnung nicht weiter aufrechterhält.
Im Ergebnis heißt das auch: Das von der KV in Auftrag gegebene Gutachten hat die Erklärungen des Arztes offenbar bestätigt. Was das Verfahren und das Gutachten gekostet haben, ist nicht bekannt.
Ein Wort der Entschuldigung oder des Bedauerns durch die KV? Fehlanzeige.
Sie haben ebenfalls Praxiswahnsinn erlebt?
Erzählen Sie uns davon – in den Kommentaren oder per E-Mail.
Die hier dargestellten Fälle sind aus der persönlichen Praxisberatung des Virchowbundes, gesammelt und aufgeschrieben von Margaret Plückhahn, unserer Praxis- und Niederlassungsberaterin.
„In meiner täglichen Beratungspraxis begegnen mir zuweilen Fälle, die auch mich nach über 30 Jahren Tätigkeit im Gesundheitswesen nur den Kopf schütteln lassen. Fälle, die die teils tragische Absurdität unseres Gesundheitssystems offenlegen. Fälle, die zum verzweifelten Seufzen, Weinen oder Lachen bringen – und die es verdient haben, dass sie öffentlich gemacht werden.“
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