In diesen Fällen können Sie die ärztliche Behandlung abbrechen
Als Ärztin oder Arzt haben Sie meist eine Behandlungspflicht. Aber müssen Sie deshalb jeden und jede behandeln? Wir klären auf, wann Sie die Behandlung verweigern und wie Sie den Behandlungsvertrag auflösen dürfen – auch wenn der Patient oder die Patientin schon länger bei Ihnen ist.
Folgende Frage stellt ein Mitglied des Virchowbundes unserer Rechtsberatung:
„Ich behandle schon einige Zeit einen älteren Herrn dermatologisch. Bei der letzten Untersuchung entdeckte ich zwei Hautveränderungen, die behandelt bzw. operativ entfernt werden müssen. Der Patient hat dies verweigert und den nächsten Termin bei mir abgesagt. Meine Versuche ihn telefonisch zu erreichen, scheiterten. Was kann und muss ich jetzt tun?
Wenn er wieder einen Termin vereinbaren will, könnte ich die Behandlung ablehnen?“
Patient bricht Behandlung ab
Der Patient kann den Behandlungsvertrag jederzeit auflösen, also die Behandlung beenden. In diesem Fall kommt er in der Regel einfach nicht mehr – eine explizite Abmeldung in Ihrer Praxis ist nicht notwendig.
Beenden Patient oder Patientin die Behandlung, sollten Sie ihn oder sie dennoch hinreichend über die Risiken der abgebrochenen Behandlung aufklären – aus Beweisgründen postalisch per Einwurfeinschreiben.
Behandlung verweigern als Ärztin oder Arzt
Sobald Sie als Arzt einen Patienten behandeln, gehen Sie einen Behandlungsvertrag ein. Dies kann mündlich oder sogar stillschweigend geschehen (juristisch als „konkludent“ bezeichnet). Der Patient nutzt freiwillig die ärztliche Dienstleistung – die Behandlung – und akzeptiert somit stillschweigend den Vertrag.
Besteht eine Behandlungspflicht für Sie als Ärztin oder Arzt? Für Vertragsärztinnen und -ärzte gilt: Grundsätzlich ja. Gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind Sie verpflichtet, Patienten zu untersuchen und zu behandeln. Je nach Fachgebiet und Standort, ob als Kassen- oder Privatarzt, können dazu auch Hausbesuche und Notfalldienste gehören.
Aber müssen Sie jeden Patienten, jede Patientin behandeln? Nein. Sie können den Behandlungsvertrag unter bestimmten Bedingungen ablehnen, die Behandlung also verweigern. Einen Unterschied macht, ob Sie den Patienten von vornherein ablehnen – oder ob er oder sie bereits bei Ihnen in Behandlung ist, Sie dies aber ändern wollen. Den zweiten Fall klären wir hier.
Gründe eine Behandlung abzubrechen für Ärztin und Arzt
Die Gründe, um eine andauernde Behandlung eines Patienten abzubrechen, müssen triftig sein. Das ergibt sich aus dem Vertragsarztrecht zur Behandlungspflicht. Im Wesentlichen können die Gründe sein:
- Fehlende Fachkenntnisse oder Ausstattung bei Ihnen für die notwendige Behandlung
- Fehlendes Vertrauen zwischen Ihnen und dem/der Patient/in – etwa, weil er oder sie Ihre ärztlichen Anordnungen missachtet, obwohl ihm oder ihr die Beachtung geistig und körperlich möglich wäre
- Beleidigung, Bedrängen oder Bedrohung durch Patient/in
- Verlangennach einem Hausbesuch außerhalb des üblichen Praxisbereichs ohne zwingenden Grund, wenn andere Ärzte in der Nähe verfügbar sind
- Überlastung Ihrer Arztpraxis, die die weitere Patientenversorgung beeinträchtigen würde
- Verlangen nach unwirtschaftlichen Behandlungsmethoden, die medizinisch nicht indiziert sind
- Verlangen nach Schwangerschaftsabbruch ohne medizinische Indikation
- Beharren auf Sterbehilfe, die nicht medizinisch indiziert ist
- Die Weigerung volljähriger GKV-Versicherter, ihre elektronische Gesundheitskarte vorzulegen (gemäß § 13 Abs. 7 BMV-Ä).
Einige dieser Gründe können ernstere Konflikte nach sich ziehen oder bereits Ausdruck davon sein. Unsere Praxisinfo „Außergerichtliche Streitbeilegung“ gibt einen Überblick, wie Sie fortgeschrittene Konflikte mit anderen lösen können.
Sie haben einen entsprechenden Grund für einen Behandlungsabbruch, warten jedoch noch auf eine Zahlung des Patienten? Die Praxisinfo „Zahlungserinnerung, Mahnung“ erklärt, wie Sie weiter vorgehen können. Unter „Zahlungsausfälle bei Patienten vermeiden“ und „So vermeiden Sie Fehler bei der Privatabrechnung“ geben wir Tipps, wie Sie das Risiko von Problemen bei der Rechnungsbegleichung von verschiedener Stelle künftig minimieren können.
Regeln für Privatärzte
Anders liegt die Sache, wenn Sie nur Privatversicherte behandeln. Als Privatarzt unterliegen Sie nicht dem Vertragsarztrecht und dürfen Patientinnen und Patienten abweisen, in der Regel ohne es begründen zu müssen. Eine Ausnahme gibt es für Notfälle. Liegt ein Notfall vor, müssen Sie behandeln.
Wenn Sie nur Privatversicherte behandeln, sind Sie nicht an den Zeitraum des Quartals gebunden. Sie können einen bestehenden Behandlungsvertrag dann also jederzeit kündigen.
In manchen Fällen ist es sinnvoll, in anderen nötig, einen schriftlichen Behandlungsvertrag aufzusetzen, zum Beispiel, wenn es sich um IGe- bzw. Selbstzahlerleistungen handelt. Hier finden Sie unsere Vertragsmuster für GKV- sowie für Privatversicherte.
So lösen Sie als Vertragsarzt den Behandlungsvertrag auf
Ein bestehender Behandlungsvertrag kann nach § 627 BGB jederzeit sofort und grundlos gekündigt werden – lediglich nicht im laufenden Quartal. Kündigen Sie also stets zum Quartalsende.
Ihre Kündigung und den Grund dafür sollten Sie dem Patienten oder der Patientin stets schriftlich mitteilen.
Übrigens ist es empfehlenswert, die Krankenkasse über die Auflösung des Behandlungsvertrags und die Gründe zu informieren (geregelt in § 13 Abs. 7 BMV-Ä).
In diesen Fällen müssen Sie behandeln
Wenn ein Notfall vorliegt, sind Sie zur Behandlung verpflichtet. Es spielt keine Rolle, ob Sie Kassenarzt oder Privatärztin sind. Tun Sie es nicht, kann der Patient eine Beschwerde bei der zuständigen KV oder Ärztekammer einlegen, und das kann für Sie vor Gericht enden.
Die Behandlungspflicht im Notfall ist geregelt in § 323c des Strafgesetzbuches (Unterlassene Hilfeleistung) sowie in § 7 Absatz 2 Satz 2 der Musterberufsordnung. Diese Regelungen beziehen sich auf lebensbedrohliche Situationen, aber auch auf Fälle, die unmittelbare medizinische Intervention erfordern.
Allerdings müssen Sie in solchen Notfallsituationen nur sofort erforderliche Maßnahmen erbringen. Alles, was darüber hinausgeht, können Sie ablehnen.
Weitere Informationen, wann Sie behandeln müssen, finden Sie unter „Beispiele für Behandlungspflicht“.
Hier finden Sie mehr zum Thema Berufsrecht.
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