Private Leistungen abrechnen: So vermeiden Sie als Arzt häufige Fehler

Privatleistungen sind in vielen Praxen eine wichtige Einnahmequelle. Wenn bei der Abrechnung Fehler passieren, können nicht nur Rückzahlungsforderungen kommen, sondern Sie lassen mitunter auch bares Geld liegen. Mit unserer Übersicht vermeiden Sie Abrechnungsfehler.

 

Vorneweg: Einer der Grundfehler bei der Abrechnung nach GOÄ ist, nicht umfassend zu dokumentieren. Die lückenlose Dokumentation ist nicht nur die Grundlage dafür, dass Sie später keine Probleme wegen scheinbar fragwürdiger Rechnungen bekommen, sondern auch dafür, dass Sie wirklich das gesamte Honorar erhalten, das Ihnen zusteht.

Dazu gehört zunächst die präzise Dokumentation jeder Einzelleistung an Patient und Patientin. Darüber hinaus sollten Sie beachten, welche Leistungen und Sachkosten überhaupt nach GOÄ abrechnungsfähig sind, wie Sie Analogleistungen ansetzen und welche Zeiträume relevant sind:

 

Welche Leistungen dürfen Sie nach GOÄ abrechnen?

Im Gegensatz zum EBM können Leistungen gemäß der GOÄ einzeln abgerechnet (und dokumentiert) werden.

Allerdings schließen manche GOÄ-Ziffern einander aus, dürfen also nicht nebeneinander berechnet werden. Manchmal kann überdies nur die eigentliche Zielleistung, aber nicht der Weg dorthin berechnet werden (Zielleistungsprinzip).

Möchten Sie mehrere Leistungen gleichzeitig abrechnen, sollten Sie sich also immer rückversichern, dass dies in Ihrem konkreten Fall möglich ist. Die Abrechnungsbestimmungen finden Sie jeweils unter der passenden GOÄ-Ziffer. Wie Sie eine GOÄ-Rechnung korrekt erstellen, lesen Sie hier.

Tipp

Beachten Sie stets die Leistungslegende einer GOÄ-Ziffer. Dort ist vermerkt, welche weiteren Leistungen möglicherweise bereits enthalten sind, also nicht zusätzlich abgerechnet werden können.

Im Praxisärzte-Blog veröffentlichen wir regelmäßig GOÄ-Abrechnungstipps zu einzelnen Ziffern.

Erhöhten Faktor abrechnen

Damit Sie einen höheren Faktor abrechnen können, ist die vollständige Dokumentation der Umstände der Leistungserbringung entscheidend. Ein höherer Faktor (über 2,3-fach) kann zum Beispiel gerechtfertigt sein bei:

  • Multimorbidität
  • besonderen Umständen während des Erbringens der Leistung
  • Schwierigkeiten bei der Leistungserbringung

Diese dokumentierten Einzelheiten sind die Grundlage der notwendigen Begründung für einen erhöhten Faktor. Weitere Tipps zur Steigerung finden Sie in unserer Praxisinfo „GOÄ richtig steigern“.

Wie Sie Ihre Praxis darüber hinaus wirtschaftlich führen, können Sie in unserer Praxisinfo „Liquidität in der Arztpraxis“ nachlesen.

 

Welche Sachkosten sind abrechnungsfähig nach GOÄ?

Neben den Gebühren, die für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen sind, können Sie nur einige Auslagen berechnen – und zwar die Kosten für diejenigen Arzneien, Verbandsmittel und sonstigen Materialien, die der Patient zur weiteren Verwendung behält oder die mit einmaliger Anwendung verbraucht sind.

Allerdings gilt ein dezidierter Ausschlusskatalog, der in § 10 Abs. 2 aufgeführt ist.

Das besagt GOÄ § 10 Abs. 2:

Nicht berechnet werden können die Kosten für

  • Kleinmaterialien wie Zellstoff, Mulltupfer, Schnellverbandmaterial, Verbandspray, Gewebeklebstoff auf Histoacrylbasis, Mullkompressen, Holzspatel, Holzstäbchen, Wattestäbchen, Gummifingerlinge
  • Reagenzien und Narkosemittel zur Oberflächenanästhesie
  • Desinfektions- und Reinigungsmittel
  • Augen-, Ohren-, Nasentropfen, Puder, Salben und geringwertige Arzneimittel zur sofortigen Anwendung
  • folgende Einmalartikel: Einmalspritzen, Einmalkanülen, Einmalhandschuhe, Einmalharnblasenkatheter, Einmalskalpelle, Einmalproktoskope, Einmaldarmrohre, Einmalspekula

Porto und Versandkosten können Sie teilweise und je nach Zweck abrechnen. So ist der Versand des Befundberichtes an Patient oder Patientin mit dem entsprechenden Porto abrechenbar – das Porto für die Arztrechnung hingegen nicht.

 

Lesen Sie hier, ob Sie Patientinnen und Patienten Kopien ihrer Krankenunterlagen in Rechnung stellen dürfen.

 

Was ist der Behandlungsfall nach GOÄ?

Honorar verlieren können Sie, wenn Ihnen die Definition des Behandlungsfalles oder die Berechnungsausschlüsse nicht geläufig sind. Doch mit dieser Kenntnis können Sie die gängigsten Beratungs- und Untersuchungsziffern neben den übrigen Leistungen der Abschnitte C-O nebeneinander berechnen.

So ist der Behandlungsfall nach der Allgemeinen Bestimmung des Abschnittes B („Grundleistungen und allgemeine Leistungen“) bestimmt:  

Definition Behandlungsfall

„Als Behandlungsfall gilt für die Behandlung derselben Erkrankung der Zeitraum eines Monats nach der jeweils ersten Inanspruchnahme des Arztes.“

  • „derselben Erkrankung“ bedeutet: Die Verschlimmerung des Krankheitsfalls mit einer weiteren Diagnose führt zu einem weiteren Behandlungsfall.
  • „Zeitraum eines Monats“ bedeutet: Ist der Behandlungsbeginn am 2.2. eines Jahres, startet ein neuer Behandlungsfall am 3.3. desselben Jahres (auch bei derselben Diagnose).

Geben Sie daher immer das korrekte Datum der neuen Diagnose in der Rechnung an!

Apropos Behandlungsfall: In manchen Situationen im Praxisalltag empfiehlt es sich, einen schriftlichen Behandlungsvertrag mit dem Patienten oder der Patientin zu schließen. Zum Beispiel dann, wenn es um IGeL oder Selbstzahler-Leistungen geht. Dafür können Sie auch unsere Musterverträge für Kassen- sowie für Privatpatienten nutzen.

 

Berechnungsausschlüsse beachten

Die Berechnungsausschlüsse auf Basis des Behandlungsfalls beinhalten im Wesentlichen zwei Konstellationen:

  1. Die einfache Beratung nach Ziffer 1 GOÄ bzw. die symptombezogene Untersuchung nach Ziffer 5 GOÄ neben Sonderleistungen (ab Abschnitt C ff)
  2. Die Begründungspflicht bei der mehr als einmaligen Berechnung der eingehenden Beratung nach Ziffer 3 im Behandlungsfall

Es empfiehlt sich, bei Ihrer Abrechnung neben den übrigen Leistungen hier auch an die Gesprächsleistungen zu denken (und auch hier wieder sorgfältig zu dokumentieren).

Lesen Sie hier, wie Sie sprechende Medizin nach GOÄ und EBM oder GOÄ-Ziffern 1 und 3 als Beratung abrechnen können.

 

Kennen Sie alle Gesprächsleistungen?

Die Ziffer 1 GOÄ „einfache Beratung“ ist weithin bekannt, doch andere Ziffern sind den meisten Ärztinnen und Ärzten weniger geläufig. Hier einige häufige Beispiele:

  • GOÄ-Ziffer 4, Angehörigengespräch bzw. dessen spezielle Unterweisung bzgl. des Patienten: Diese Beratungsziffer dürfen Sie einmal pro Behandlungsfall ansetzen.
  • GOÄ-Ziffer 34, Erörterung einer schwerwiegenden Erkrankung, Dauer mind. 20 Minuten: Die Berechnung wird von der Krankenversicherung/Beihilfestelle am ehesten anerkannt, wenn Sie in der Rechnung einen besonderen Grund dafür angeben, der aufgrund der Diagnose nachvollziehbar ist.
  • GOÄ-Ziffern für spezielle Beratungen der Psycho- oder Verhaltenstherapie: Diese können Sie nur ansetzen, wenn die Leistung inhaltlich erfüllt ist und Ihre Fachgebietsbezeichnung Sie dafür qualifiziert.

Lesen Sie mehr dazu, indem Sie auf die jeweiligen Ziffern klicken oder im Beitrag zur Abrechnung der sprechenden Medizin.

 

Wie können Sie eine Analogleistung richtig ansetzen?

Die GOÄ wurde seit Jahrzehnten nicht reformiert. Deshalb finden Sie dort nicht alle Leistungen, die dank medizinisch-technischem Fortschritt Stand von heute sind. Sie können aber unter bestimmten Bedingungen Analogleistungen veranschlagen.

Die Bedingungen für die analog herangezogene Leistung sind:

1.    sie muss selbstständig sein, darf also nicht Bestandteil einer anderen Leistung sein
2.    sie muss gleichwertig sein (nach Art, Kosten und Zeitaufwand)

Die Bundesärztekammer hat einige Analogleistungen veröffentlicht, die als Katalog von den Kassen anerkannt sind. Sie können darüber hinaus zwar selbst nach den genannten Kriterien Leistungen analog ansetzen, sollten hierfür jedoch Rücksprache mit Ihrer PVS halten. Diese kann Ihnen Empfehlungen geben oder auf existierende GOÄ-Ziffern für Ihre Leistung aufmerksam machen.

Fordern Sie am besten den bei Ihrer PVS vorrätigen Katalog der gängigsten Analogleistungen, aufgeteilt nach Fachgebieten bzw. Themen an.

 

Grundlegendes zum Honorar lesen Sie unter Abrechnung erklärt und Honorar: EBM, GOÄ.

 

Mit freundlicher Unterstützung des PVS-Verbandes präsentieren wir Ihnen in regelmäßigen Abständen GOÄ-Abrechnungstipps im Praxisärzte-Blog und in unserem Newsletter für Praxisärzte. Besuchen Sie auch unsere Online-Seminare zum Thema Abrechnung – für Mitglieder kostenlos. Bei Fragen hilft Ihnen unsere persönliche Beratung rasch und zuverlässig weiter.

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