GOÄ Nr. 4 zum Gespräch mit Bezugspersonen abrechnen
Gespräche mit Angehörigen oder Pflegekräften eines Patienten können Sie u. U. mit der GOÄ-Ziffer 4 abrechnen. Hier erklären wir, wann sich diese Ziffer eignet und wann nicht.
Manchmal ist es nötig, als Arzt auch ein medizinisches Gespräch mit einer Bezugsperson zu führen, z. B. wenn der Patient wegen eines Unfalls oder einer geistigen Behinderung Betreuung braucht. Die Bezugsperson kann ein Familienmitglied sein, aber z. B. auch eine Pflegekraft im Seniorenheim.
Für solche Gespräche können Sie die GOÄ-Ziffer 4 ansetzen, wenn Sie
- die Anamnese durchführen
- die Bezugsperson unterweisen bzw. führen
Um den Aufwand eines solchen ärztlichen Gespräches zu decken, ist die Ziffer 4 deutlich höher bewertet als die Ziffer 1 (Beratung) bzw. 3 (Eingehende Beratung).
Oft wird empfohlen, die GOÄ-Ziffer nur bei schwerwiegenden Erkrankungen anzusetzen. Im Gegensatz zur Ziffer 34 gibt der Leistungstext diese Einschränkung aber nicht her. Für „Alltagserkrankungen“ ist sie dennoch nur selten sinnvoll. Bei diesen Diagnosen stehen die Chancen deutlich besser: Systemerkrankungen, Malignome, chronische und andere schwere Erkrankungen.
Die GOÄ Nr. 4 im Überblick
Bezeichnung: Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken
Punkte: 220
Einschränkungen: Die Leistung darf nur einmal im Behandlungsfall berechnet werden. Neben der Leistung nach den Nummern 15, 30, 34, 801, 806, 807, 816, 817 und/oder 835 ist die Ziffer 4 im Behandlungsfall nicht berechnungsfähig
Diese Details müssen Sie zur richtigen Abrechnung wissen:
Für einmalige und wiederholte Gespräche
Die Nr. 4 hat zwei Leistungsinhalte
- Fremdanamnese
- Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en)
Je nach Inhalt können sich die Empfehlungen zur Indikation und zum Zeitraum unterscheiden.
Die Leistungslegende lässt den erforderlichen Leistungsumfang offen. Es gibt auch keine Einschränkung, wie häufig der Kontakt zwischen Arzt und Bezugsperson zustande kommen muss. Die Erhebung der Fremdanamnese kann in einer Sitzung, oder auch erst nach mehreren Sitzungen abgeschlossen sein.
Bei der „Unterweisung und Führung“ der Bezugspersonen legt der Begriff „Führung“ nahe, dass es sich im Regelfall um wiederholten Kontakt handelt und die Bezugsperson Rückmeldungen gibt. Allerdings kann auch diese Leistung in bestimmten Fällen mit einer einmaligen (z. B. besonders ausführlichen) Kontaktaufnahme erfüllt sein.
Im Rahmen dieser Kontakte zwischen Arzt und Bezugspersonen ist die Anwesenheit des Kranken nicht erforderlich.
Bei der Leistungserbringung sollten Sie die Vorschriften über Zuschläge nach Abschnitt B. II beachten.
Nur einmalige Abrechnung im Behandlungsfall
Die Nr. 4 ist im Behandlungsfall immer nur einmal berechnungsfähig, und zwar unabhängig davon, auf wie viele Personen sich die Erhebung der Fremdanamnese und/oder die Unterweisungs- und Führungsleistungen beziehen.
Als Behandlungsfall gilt für die Behandlung derselben Erkrankung der Zeitraum eines Monats nach der jeweils ersten Inanspruchnahme des Arztes (siehe dazu Nr. 1 der Allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt B – Grundleistungen und allgemeine Leistungen).
In der Praxis ist das unbefriedigend, da gerade bei Schwerkranken, Chronikern und älteren Menschen, die auf Bezugspersonen angewiesen sind, ein wesentlich häufigerer Kontakt zwischen Arzt und Bezugsperson stattfinden muss, insbesondere zur psychologischen Krankenführung.
Ausschlüsse: Was heißt „nicht neben“?
Die Nummer 4 darf nicht „neben“ einer ganzen Reihe anderer Leistungen abgerechnet werden. Der Begriff „neben“ bedeutet in der GOÄ in aller Regel den Bezug auf einen „Arzt-Patienten-Kontakt“. Da die Leistungen nach Nr. 4 sich aber auf mehrere Kontakte erstrecken, ist der Begriff „neben“ ausnahmsweise anders zu verstehen.
Ganz eindeutig wollte der Verordnungsgeber verhindern, dass neben der Erhebung der homöopathischen Erstanamnese nach Nr. 30 die Erhebung der homöopathischen Folgeanamnese nach Nr. 31 im Rahmen „eines Behandlungsfalls“ zur Abrechnung kommen kann. Tatsächlich gibt es hier inhaltliche Überschneidungen: die Ziffern 30 und 31 beinhalten sämtliche Kontaktaufnahmen des Arztes mit „Bezugspersonen“.
Auch die Nummer 3 darf nicht neben der Ziffer 4 angesetzt werden. Denn in der Anmerkung zur Nummer 3 heißt es: „nur berechnungsfähig als einzige Leistung oder im Zusammenhang mit einer Untersuchung nach den Nummern 5, 6, 7, 8, 800 oder 801“.
Die GOÄ Nr. 1 ist dagegen nicht per se von der Abrechnung neben der Nr. 4 ausgeschlossen. Nur, wenn sich sämtliche Bestandteile der Legenden zu Nr. 1 und Nr. 4 (Anamnese, Beratung, Fremdanamnese, Unterweisung) an ein und dieselbe Person richten, dürfen nicht beide Ziffern gleichzeitig auf die Abrechnung. Das wäre z. B. der Fall, wenn der Patient ein Säugling, ein Kleinkind oder schwerst kommunikationsgestört ist. Ist der Patient jedoch verständig genug, selbst Angaben zu machen, können beide Leistungen nebeneinander abgerechnet werden.
Eine vergleichbare Situation kann sich auch bei der Behandlung von geriatrischen Patienten oder im Rahmen der palliativmedizinischen Betreuung ergeben. Dann nämlich, wenn zusätzlich zur Beratung des Patienten Angehörige oder Pflegepersonal mit einbezogen werden müssen, damit die korrekte Umsetzung der erforderlichen Behandlungsmaßnahmen gewährleistet ist.
Wann Sie statt Ziffer 4 besser die GOÄ Nr. 15 ansetzen, erfahren Sie in einem eigenen Beitrag.
Mit freundlicher Unterstützung des PVS-Verbandes präsentieren wir Ihnen in regelmäßigen Abständen GOÄ-Abrechnungstipps im Praxisärzte-Blog und in unserem Newsletter für Praxisärzte. Besuchen Sie auch unsere Online-Seminare zum Thema Abrechnung – für Mitglieder sind sie kostenlos. Bei Fragen hilft Ihnen unsere persönliche Beratung rasch und zuverlässig weiter.
Quellen:
- Deutscher Ärzteverlag, Kommentar zur GOÄ, Online, Nummer 34, Version 4.26, Stand 1. September 2019
- Hoffman/Kleinken, Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), Kommentar mit praktischen Hinweisen für die Abrechnung, C II, Nr. 30 - 34, Randnr. 1, 3, 4, 3. Auflage, 41. Lieferung, Stand August 2019
Kommentare
Sehr geehrter Herr Dr. Stöhr-Sökefeld,
bitte wenden Sie sich für Detailauskünfte an unsere Praxisberatung oder Rechtsberatung für Mitglieder: https://www.virchowbund.de/beratung
Ihr Virchowbund
Könnten Sie bitte eine Stellungnahme in Bezug auf die Ziffer 4, Unterweisung der Eltern oder Begleitpersonen von Kindern ab 4 Jahren abgeben?