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Haften Sie als Impfarzt für mögliche Impfschäden?
Werden Privatpersonen hoheitlich tätig, haftet gegenüber dem Geschädigten nur der Staat und nicht der Arzt.
Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) hat am 25.6.2024 (Az.: 1 U 34/23) eine Schadensersatzklage gegen eine Impfärztin nach einer Corona-Schutzimpfung abgewiesen.
Impfärzte handelten im Rahmen der nationalen Corona-Impfkampagne hoheitlich, d. h. sie sind von staatlicher Seite mit der Impfung beauftragt. Bei etwaigen Aufklärungsfehlern kommen daher nur Haftungsansprüche gegen den Staat in Betracht, nicht aber Schadenersatzansprüche eines Impfgeschädigten gegen Ärztinnen und Ärzte persönlich.
So kam es zur Entscheidung
Eine Frau forderte von ihrer Impfärztin Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen eines behaupteten Impfschadens nach einer Corona-Schutzimpfung. Erhalten hatte sie den Impfstoff des Unternehmens BioNTech/Pfizer (Comirnaty).
Im Januar und Februar 2021 wurden der Frau in einer Heilbronner Pflegeeinrichtung, in der sie als Auszubildende beschäftigt war, 2 Impfungen verabreicht. Diese wurden im Rahmen einer Impfaktion von einem mobilen Impfteam durchgeführt, das an ein Impfzentrum angegliedert war.
Vor jeder Impfung hatte die Frau je ein Aufklärungsmerkblatt zur Schutzimpfung gegen COVID-19 mit mRNA-Impfstoff mit dazugehörigem Anamnesebogen erhalten, Dokumente, die das Deutsche Grüne Kreuz in Kooperation mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) angefertigt hatte. Das Merkblatt hatte sie vor der jeweiligen Impfung gelesen und ausgefüllt. Ein ärztliches Aufklärungsgespräch fand in der Folge nicht statt.
Unmittelbar nach der 2. Impfung wurde bei der Frau eine geringgradige halbseitige Lähmung links mit geringer Gangunsicherheit diagnostiziert und der Verdacht auf eine Impfreaktion bescheinigt. Die Frau behauptet, infolge des erlittenen Impfschadens dauerhaft arbeitsunfähig zu sein. Die beklagte Impfärztin habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Impfung aufgeklärt. Bei einer zureichenden Aufklärung hätte sie sich gar nicht impfen lassen, weshalb die Ärztin ihr den aus der Impfung entstandenen Schaden zu ersetzen und außerdem Schmerzensgeld zu leisten habe.
Das Landgericht wies die Klage ab. Auf die Corona-Schutzimpfung seien die vom BGH für Routineimpfungen entwickelten Grundsätze entsprechend anzuwenden, da es sich um eine von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene und millionenfach durchgeführte Impfung gehandelt habe.
Danach sei die Aushändigung eines Aufklärungsmerkblattes dann ausreichend, wenn der Patientin vor der Impfung zumindest die Möglichkeit gegeben werde, weitere Fragen an den impfenden Arzt zu richten. Ein ausführliches ärztliches Aufklärungsgespräch sei dagegen nicht erforderlich.
Auch das OLG wies die Klage ab, aber aus anderen Gründen.
Das sagt das Gericht
Die Klage ist abzuweisen, da die beklagte Impfärztin nicht die richtige Anspruchsgegnerin ist. Das Verimpfen von Corona-Impfstoffen im Rahmen der nationalen Impfstrategie durch Beauftragte ist eine hoheitliche Tätigkeit. Sowohl die Bundes- als auch die Landesregierung haben die Bevölkerung aufgefordert, sich gemäß der STIKO-Empfehlung des RKI impfen zu lassen, um sich selbst und die Allgemeinheit zu schützen.
Mit §20 Sozialgesetzbuch V in der ab dem 19.11.2020 gültigen Fassung und der Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) vom 18.12.2020 wurde außerdem ein Rechtsanspruch auf die Corona-Schutzimpfung geschaffen. Um diesen gesetzlichen Anspruch und die flächendeckende Pandemiebekämpfung zu erfüllen, wurden „von den Ländern oder im Auftrag der Länder“ Impfzentren eingerichtet und mobile Impfteams gebildet. Später hätten auch beauftragte niedergelassene Ärzte den Impfanspruch erfüllen können.
Bei hoheitlichem Handeln von Privatpersonen wie den Impfärzten haftet bei Schäden nur der Staat. Die Klage war also abzuweisen.
Wie Sie Patientenbeschwerden nach einem Aufklärungsgespräch vermeiden können, lesen Sie in unserem Blogbeitrag. Was Sie bei Aufklärungsgesprächen bei IGeL beachten müssen, finden Sie in unserer Checkliste auf der Seite „IGeL“ sowie in unserer IGeL-Broschüre.
In unserem Praxisärzte-Blog finden Sie auch Informationen dazu, wer bei Corona-Impfschäden haftet.
Wofür Sie haften, können Sie unserer Seite und Praxisinfo „Berufshaftpflicht“ entnehmen.
Bei konkreten Fragen wenden Sie sich an unsere Rechtsabteilung.
Ist Kritik an Kollegen berufswidrig?
Fachliche Aussagen eines Arztes im Rahmen eines medizinischen Gutachtens stellen keine Verletzung der Berufspflicht zum kollegialen Verhalten dar, wenn sie sachlich sind.
Das hat das Bayerische Oberste Landesgericht am 14.2.2024 (Az.: 301 LBG-Z 1/23) entschieden.
So kam es zur Entscheidung
Patienten eines Zahnarztes hatten sich über dessen Behandlung sowie vermeintlich überhöhte und fehlerhafte Abrechnungen beschwert.
Um zu überprüfen, ob die Rechnungen zu bezahlen sind, beauftragte die Krankenversicherung der Patienten einen anderen Zahnarzt, ein schriftliches Gutachten über die abgerechneten Leistungen zu erstellen.
Was dieser Gutachter dann über die abgerechneten Leistungen schrieb, mißfiel dem behandelnden Zahnarzt. Er sah sich unkollegial behandelt. Deshalb beschwerte er sich und verlangte ein berufsgerichtliches Einschreiten gegen den Gutachter.
Das Gericht hatte nun zu beurteilen, ob sich der beklagte zahnärztliche Gutachter unkollegial verhalten hatte, indem er bei einer schriftlichen Begutachtung für eine Krankenversicherung folgende Aussagen traf:
- die Rechnungen des Behandlers seien wegen sachlicher Fehler „ungültig“
- bei den Fehlern in den Rechnungen handele es sich nicht mehr um reine Flüchtigkeitsfehler
- die Rechnungsstellung sei für den Patienten unzumutbar intransparent und befremdlich
- diverse Abrechnungspositionen identischer Behandlungstage seien nicht chronologisch jeweils in drei separat erstellten Rechnungen aufgeführt und dem Patienten gegenüber doppelt abgerechnet
- viele Positionen seien fachlich zu Unrecht zu Lasten des Patienten in die Rechnungen eingegangen
- die Beschleifung der fünf Frontzähne einer damals 20-jährigen Patientin zu Kronenstümpfen und deren angeschlossene langzeitprovisorische Versorgung sei nicht medizinisch indiziert gewesen
- die Behandlung eines älteren Patienten sei in einem Fall „riskant“ gewesen
- die vom Behandler geplante Therapie würde bei der Patientin zu grundlegenden Problemen führen; es irritiere ihn sehr, dass dem Behandler der aktuelle Standard der Funktionslehre offenbar nicht bekannt sei, obgleich dieser in diesem Fachgebiet arbeite
- das Verhalten des Behandlers sei „unverständlich“, „oberflächlich“, „wenig glaubhaft“, „verwirrend“, „nicht nachvollziehbar“ und „fehlerhaft“
Das sagt das Gericht
Die Aussagen sind keine unkollegiale Äußerung im Sinne des § 8 Absatz 1 der Berufsordnung für Zahnärzte in Bayern, der wie folgt lautet „Der Zahnarzt hat gegenüber allen Berufsangehörigen jederzeit kollegiales Verhalten zu zeigen“. Von der Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens ist daher abzusehen.
Maßgeblich war dabei, dass der begutachtende Arzt die verfahrensgegenständlichen Formulierungen jeweils im Rahmen der Erstattung von Gutachten, sprich in einem fachlichen Kontext verwendete, um die nach seiner Ansicht folgenschweren Behandlungsfehler und die eingeschliffenen Rechnungsstellungsfehler des Kollegen zu unterstreichen.
Zu berücksichtigen war auch, dass der Behandler die ihm vorgeworfenen Fehler nicht leugnete und dass das Gutachten diese Fehler dann aus Sicht des Gutachters aufdeckte.
Aus Sicht des Gerichts hatte der begutachtende Arzt mit seinen Äußerungen auch nicht die Grenze zur unsachlichen, schmähenden Kritik überschritten. Die Meinungsäußerungsfreiheit des begutachtenden Arztes ist hier als vorrangig gegenüber der allgemeinen Berufspflicht des kollegialen Verhaltens anzusehen.
Freie Meinungsäußerung oder unzulässige Bewertung? Auch in Bezug auf Bewertungen und Rezensionen durch Patienten ist der Unterschied nicht immer Eindeutig. Informieren Sie sich zum Beispiel in unserer Praxisinfo „Arztbewertungsportale“ oder nutzen Sie einfach unsere Rechtsberatung.
Wie Sie korrekt Gutachten erstellen, können Sie in unserer Praxisinfo „Medizinische Gutachten“ nachlesen.
Klicken Sie hier für einen Überblick über Themen des Berufsrechts.
Kind behindert: Lief Befunderhebung oder Aufklärung schief?
Ein Arzt hat es unterlassen, medizinisch gebotene Befunde zu erheben oder erheben zu lassen, und dazu noch die Befunderhebung durch falsche Angaben vereitelt. Deshalb liegt ein Befunderhebungsfehler vor – und kein Unterlassen der gebotenen therapeutischen Sicherungsaufklärung.
Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 4.6.2024 (Az.: VI ZR 108/23) entschieden.
So kam es zur Entscheidung
Das betroffene Kind war in der 25. Schwangerschaftswoche geboren worden, also deutlich zu früh. Daher gab es bei ihm ein besonderes Risiko für eine Netzhautablösung.
Bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus 3 Monate nach der Geburt wurde das Kind regelmäßig augenärztlich untersucht. Bei der Entlassung empfahlen die Klinikärzte den Eltern eine Kontrolle nach 3 weiteren Monaten.
Bereits etwa 5 Wochen nach der Entlassung stellte sich heraus, dass sich eine Netzhautablösung entwickelt hatte. Das rechte Auge ist vollständig erblindet, auf dem linken Auge hat das Kind eine hochgradige Sehbehinderung.
Die Eltern des Kindes machten geltend, es sei ein Behandlungsfehler gewesen, eine Kontrolluntersuchung erst 3 Monate nach der Krankenhausentlassung zu empfehlen. Das Landgericht Oldenburg wies die Klage ab, weil es einen direkten Zusammenhang zwischen dem späten Kontrolltermin und der Netzhautablösung nicht für erwiesen hielt.
Die Eltern legten Berufung gegen dieses Urteil ein. Das Oberlandesgericht Oldenburg gab ihnen Recht. Es sah einen Fehler der Klinikärzte, weil diese die gebotene therapeutische Sicherungsaufklärung unterlassen hätten.
Dagegen legte die Klinik Revision beim Bundesgerichtshof ein, scheiterte aber.
Das sagt das Gericht
Es liegt ein Fehler der Ärzte vor. Allerdings argumentiert der BGH anders als das Oberlandesgericht Oldenburg: Die Haftung der Klinik für den Schaden wird nicht auf eine Pflichtverletzung zur therapeutischen Sicherungsaufklärung gestützt, sondern direkt auf einen Befunderhebungsfehler.
Die Ärzte hätten es sowohl pflichtwidrig unterlassen, die Erhebung medizinisch gebotener Befunde zu veranlassen, als auch die Befunderhebung durch falsche Angaben (wonach eine weitere Untersuchung erst nach 3 Monaten geboten sei) vereitelt. Dieses Verhalten sei als Befunderhebungsfehler einzuordnen und nicht als fehlerhafte therapeutische Sicherungsaufklärung.
Ein Krankenhausträger sei unter den Voraussetzungen des § 115a SGB V vielmehr berechtigt, gesetzlich Versicherte nach der stationären Krankenhausbehandlung ohne Unterkunft und Verpflegung weiterzubehandeln und gemäß § 39 Abs. 1a SGB V verpflichtet, im Rahmen der bestehenden Versorgungsstruktur für eine sachgerechte Anschlussversorgung zu sorgen.
Bei dem Kind bestand die Gefahr schwerwiegender Gesundheitsschäden bei Nichtuntersuchung. In dieser Situation hätte die Klinik zum Schutz des ihr anvertrauten Kindes – wenn sie eine nachstationäre Behandlung nicht für erforderlich hielt – zumindest in Absprache mit den Eltern früh Kontakt mit einem weiterbehandelnden Augenarzt aufnehmen und für einen rechtzeitigen Untersuchungstermin sorgen müssen, zum Beispiel durch Vereinbarung eines Termins. Damit greife die Beweislastumkehr zu Gunsten des Kindes, so dass die Klinik für den Schaden haften müsse.
Der BGH hat das Urteil des OLG Oldenburg gleichwohl aufgehoben und die Sache erneut zum OLG zurückverwiesen, damit die Klinik auf die neuen rechtlichen Erwägungen des BGH erwidern kann. Es ist aber kein anderes Ergebnis zu erwarten, die Klinik haftet für den Sehverlust des Neugeborenen.
Mehr zum Thema Behandlungsfehler finden Sie in unserem Blogbeitrag „Behandlungsfehler: So reagieren Sie richtig“ sowie in unseren Praxisinfos „Behandlungsfehler“ und „Besuch vom Staatsanwalt“.
Wie Sie Patientenbeschwerden nach einem Aufklärungsgespräch vermeiden können, lesen Sie in unserem Blogbeitrag.
Lesen Sie hier mehr zum Thema Haftung und laden Sie auch die Praxisinfo „Berufshaftpflicht“ herunter.
Schaden durch betriebliche Impfung – Arbeitsunfall oder nicht?
Dient eine Impfung „wesentlichen betrieblichen Zwecken“, kann ein Impfschaden als Arbeitsunfall gelten.
Ein Krankenhauskoch kann unter Unfallversicherungsschutz stehen, wenn er an einer von der Krankenhausverwaltung angebotenen Impfung gegen Schweinegrippe teilnimmt. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) am 27.6.2024 (Az.: B 2 U 2/22) entschieden.
So kam es zur Entscheidung
Ein Mitarbeiter einer Catering GmbH war Gastronomieleiter in einer Krankenhausküche. Er nahm an einer vom Krankenhaus organisierten Impfung gegen Schweinegrippe (Influenza A/H1N1) teil. Jahre später traten Fieberschübe auf, die der Mann auf die Impfung zurückführt. Die beklagte Berufsgenossenschaft und die Vorinstanzen lehnten es ab, einen Arbeitsunfall festzustellen.
Die Revision des Mannes war erfolgreich. Das BSG hat den Fall an das Landessozialgericht mit folgenden Gründen zurückgewiesen.
Das sagt das Gericht
Auch eine planmäßige und freiwillige Impfung kann ein Unfall sein, wenn sie zu Impfkomplikation und Gesundheitserstschaden führt.
Dafür muss es einen inneren Zusammenhang der konkreten Impfung mit der versicherten Tätigkeit geben. Dieser ist nicht allein dadurch gegeben, dass die Impfung vom Arbeitgeber empfohlen, finanziert und anschließend im Betrieb durchgeführt wird.
Für allgemeine Grippeschutzimpfungen im Betrieb hatte der Senat dies bereits entschieden. Ein innerer Zusammenhang kann angenommen werden, wenn die Teilnahme an der Impfung wesentlich betrieblichen Zwecken dient.
In einem Krankenhaus, das großen Wert auf umfassenden Gesundheitsschutz für Patienten legt, kann dies auch dann zutreffen, wenn die Impfung aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses und der Empfehlungen der STIKO notwendig war, oder wenn der Beschäftigte dies aufgrund besonderer Umstände berechtigterweise annehmen durfte.
Feststellungen zu diesen besonderen Umständen hat das Landessozialgericht nicht getroffen. Diese werden deshalb nachzuholen sein.
Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ist immer wieder strittig. Haben Sie Fragen dazu, wenden Sie sich an unsere Rechtsabteilung.
Ob Sie Impfgegnern kündigen können und was Ihnen zum Beispiel das Masernschutzgesetz vorgibt, finden Sie in unseren Blogbeiträgen heraus.
Informieren Sie sich auch zu den Themen Krankheit bei Mitarbeitenden und Kündigung und laden Sie Sich die gleichnamige Praxisinfo „Erkrankte Mitarbeiter“ und Praxisinfo „Kündigung“ herunter.
Um bei Patienten, die die Behandlung verweigern, auf der sicheren Seite zu sein, können Sie unsere Vorlage „Behandlungsverweigerung“ nutzen.
Wann muss für die Zulassung die Praxisadresse feststehen?
Ein Arzt kann im Zulassungsverfahren nicht berücksichtigt werden, wenn er in der Bewerbung um eine ausgeschriebene Zulassung bei der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss nur eine Praxisanschrift angibt, die offensichtlich nicht nutzbar ist.
Er darf dann auch nach der Sitzung des Zulassungsausschusses keine andere Anschrift nachreichen. Das hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg im Urteil vom 24.4.2024 (Az.: L 7 KA 4/22) entschieden.
So kam es zur Entscheidung
Ein Kinderarzt aus Berlin beantragte im Jahr 2014 eine Sonderbedarfszulassung. Um nachzuweisen, dass er auch eine Praxis vorweisen kann, fügte er seinem Antrag eine Mietoptionsbescheinigung eines Vermieters für die geplanten Praxisräume am Standort „A S B“ bei.
Nachdem sein Antrag auf Sonderbedarfszulassung abgewiesen wurde, zog er vor Gericht, um die Sonderbedarfszulassung zu erstreiten. Während des laufenden Gerichtsverfahrens bewarb er sich 2018 auf eine ausgeschriebene Zulassung.
In dieser Bewerbung machte er im Feld „Praxisanschrift“ keine Angaben. Er verwies in seinem Antrag auf das seinerzeit anhängige gerichtliche Verfahren um die Sonderbedarfszulassung.
Kurz darauf erhielt er die Sonderbedarfszulassung zugesprochen. Im Jahr 2020 verzichtete er jedoch darauf.
Die Kassenärztliche Vereinigung forderte den Kinderarzt im Sommer 2018 auf, einen vollständig ausgefüllten Zulassungsantrag und fehlende Unterlagen einzureichen. Der Kinderarzt antwortete, er hätte im Rahmen des Antrags von 2014 alle notwendigen Bewerbungsunterlagen eingereicht. Er bewerbe sich rechtlich gesehen nicht neu und müsse die Unterlagen nicht noch einmal schicken. Mit E-Mail vom 2.8.2018 teilte er folgende Niederlassungsadresse mit: „A S B N“.
Der Zulassungsausschuss erteilte dem Kinderarzt nach erfolgter Sitzung am 15.8.2018 die ausgeschriebene Zulassung für die Praxis in der Adresse „A S B N“.
Mit Schreiben vom 31.8.2018 wies ein Mitbewerber den Zulassungsausschuss darauf hin, dass die angegebene Adresse A S B nach Auskunft des Vermieters B G e.V. und der Hausverwaltung A nicht für eine Praxis zur Verfügung stehe. Der Kinderarzt reichte schließlich eine Mietbestätigung eines anderen Vermieters für eine andere Praxisimmobilie ein.
Der Zulassungsausschuss stimmte der Praxisänderung zu. Dagegen legte der Mitbewerber Widerspruch ein – der Kinderarzt habe bei seinem Zulassungsantrag falsche Angaben hinsichtlich seiner Praxisadresse gemacht. Der Vermieter der Praxisräume „A S B“ erklärte dem beklagten Beschwerdeausschuss, die Mietoption sei durch Zeitablauf untergegangen und im Übrigen widerrufe er die Mietoption von 2014.
Der beklagte Berufungsausschuss wies daraufhin den Antrag des Kinderarztes auf Zulassung zurück und ließ stattdessen den Mitbewerber zu. Denn der Kinderarzt sei im Auswahlverfahren nicht zu berücksichtigen, weil er sich mit einer tatsächlich nicht bestehenden Mietoption beworben habe.
Die Klage des Kinderarztes gegen diese Entscheidung wurde vom Sozialgericht Berlin als unbegründet zurückgewiesen. Der Kinderarzt ging in Berufung.
Das sagt das Gericht
Die Berufung des Kinderarztes ist als unbegründet abzuweisen. Wenn ein Bewerber um einen Vertragsarztsitz auch noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss nur eine Anschrift angebe, die von vornherein nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht für Praxisräume nutzbar sei, erfülle dies nicht die Anforderungen des § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV an die Angabe des Vertragsarztsitzes im Zulassungsantrag. Dieser Bewerber könne im Zulassungsverfahren nicht berücksichtigt werden.
Nachträglich eine andere Anschrift des Vertragsarztsitzes zu nennen, sei in einem solchen Fall nicht mehr möglich. Hier lag auf der Hand, dass die 2014 erteilte Mietoption im Jahre 2018 keinen Bestand mehr haben konnte.
Die Praxisadresse könne nach Sitzungsende des Zulassungsausschusses auch nicht gewechselt werden. Eine formlose Änderung des im Zulassungsantrag benannten Vertragsarztsitzes sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (nur) möglich, wenn das als Vertragsarztsitz anvisierte Objekt nicht mehr zur Verfügung steht oder sich beabsichtigte Kooperationen mit Niedergelassenen zerschlagen.
Dies ist zu erwarten, wenn sich das Zulassungsverfahren über einen längeren Zeitraum hinzieht. Hier hatte sich das Verfahren aber nicht über längere Zeit hingezogen; das Sonderbedarfszulassungsverfahren von 2014 und das Zulassungsverfahren von 2018 seien unterschiedliche Verfahren.
Sie müssen im Zulassungsantrag eine konkrete Anschrift angeben, am besten mit einer Bescheinigung einer Mietoption. Besser noch, Sie legen einen unterschriebenen Mietvertrag vor.
Bedenken Sie, dass der Mietvertrag nur unter dem Vorbehalt der Zulassung und mit einem Rücktrittsrecht abgeschlossen werden sollte. Nutzen Sie dazu unseren Mustermietvertrag und informieren Sie sich in unserer Praxisinfo „Mietvertrag für ärztliche Praxisräume“.
Alle wichtigen Informationen zum Zulassungsverfahren finden Sie in unseren Praxisinfos „Zulassung“ und „Der Weg in die ambulante Tätigkeit“.
Sie planen einen Praxisübernahme? Dann können Ihnen unsere Musterverträge zur Praxisübernahme nützen.
Weitere Informationen zur Praxisgründung, wie zum Beispiel zu Praxismodellen, finden Sie in einer Reihe unserer Praxisinfos sowie unter „Praxis gründen und ausbauen“.
Mustervorlage für Praxen zum Hygienemanagement aktualisiert
Die Mustervorlage für einen Hygieneplan in der Arztpraxis wurde aktualisiert. Praxen können sie nutzen, um ihren eigenen Hygieneplan zu erstellen oder anzupassen. Hygienerelevante Abläufe werden detailliert dargestellt. Die Vorlage berücksichtigt sowohl Patienten- als auch Mitarbeiterschutz.
Das ist neu
Die Mustervorlage stammt vom Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte der KVen und der KBV. In der aktuellen Ausgabe finden sich neue oder überarbeitete Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO).
Auch der Leitfaden „Hygiene in der Arztpraxis“ überarbeitet wurde. Er dient als Grundlage für den Musterhygieneplan.
Beispielsweise sind bei der „Meldung infektiöser Erkrankungen“ das Verfahren zum DEMIS-Meldeportal sowie ein „Ausfallkonzept rund um die Aufbereitung von Medizinprodukten“ hinzugekommen. Neu sind unter „Hygiene bei Behandlung von Patienten“ auch Unterkapitel wie „Immunsupprimierte Patienten“ oder „Umgang mit Gefäßkathetern“.
Für die Erfassung und Bewertung postoperativer Wundinfektionen (relevant in Einrichtungen für ambulantes Operieren) gibt es den Anhang „Surveillance postoperativer Wundinfektionen“. Als Mitglied im Virchowbund können Sie auch zusätzlich die Checkliste Wunddokumentation sowie die das Informationsblatt und die Einwilligungserklärung zur fotografischen Wunddokumentation herunterladen.
Mit der neuen Vorlage arbeiten
Für Arztpraxen, die bereits die erste Auflage der Mustervorlage von 2017 an ihre Gegebenheiten angepasst haben, gibt es eine Gegenüberstellung der geänderten Inhalte. Diese farbig dargestellte Übersicht zeigt, welche Kapitel komplett neu sind, umfassend angepasst wurden oder welche Kapitel einzelne, relevante Ergänzungen enthalten.
Ein Abgleich der Inhalte eröffnet die Möglichkeit, einzelne Aspekte zu aktualisieren, Verbesserungspotenzial zu identifizieren und eventuelle Lücken zu schließen.
Die Mustervorlage kann als PDF hier heruntergeladen oder als anpassbares Worddokument bei den Hygieneberatern Ihrer Kassenärztlichen Vereinigung angefordert werden.
Hier finden Sie eine Übersicht über wichtige Downloads:
- Mustervorlage als PDF
- Mustervorlage: Gegenüberstellung 1. Auflage und 2. Auflage
- Mustervorlage als Worddokument anfordern
- Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte
- Einwilligungserklärung zur fotografischen Wunddokumentation
- Wunddokumentation – Checkliste
Bei uns können Sie sich außerdem zum Thema Hygienemanagement in der Arztpraxis und „Brauchen Sie eine/n Hygienebeauftragte/n?“ belesen.
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