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Prof. Dr. Armin Grau (Bündnis 90/Die Grünen)
5 Antworten zur Bundestagswahl 2025
Wir fragen 4 Medizinerinnen und Mediziner im Bundestag, was sie nach der Bundestagswahl 2025 bei den Themen Freiberuflichkeit, Patientensteuerung, Digitalisierung, Investoren im Gesundheitswesen und GOÄ bewegen wollen.
Hier: Grünen-Kandidat Prof. Dr. Armin Grau.
Kurzbiografie Prof. Dr. Armin Grau
- Geboren am 18. März 1959 (Alter 65 Jahre) in Stuttgart
- Facharzt für Neurologie
- Bis 2014 Ärztlicher Direktor des Klinikums Ludwigshafen
- Im Bundestag seit Oktober 2021 für Bündnis 90/Die Grünen
Das sagt Prof. Dr. Armin Grau (Bündnis 90/Die Grünen) zu ...
1. Freiberuflichkeit
Der Arztberuf ist nach Definition ein Freier Beruf. Darauf hat nicht zuletzt auch der Patient ein Anrecht. Wo sehen Sie aktuell die Freiberuflichkeit bedroht und was muss geschehen, dass diese Freiberuflichkeit geschützt wird?
Die Freiberuflichkeit des Arztberufs ist ein hohes Gut, das es zweifelsohne zu schützen gilt.
Gefahren bestehen in erster Linie in einer Kommerzialisierung der Medizin, die Anreize dafür schafft, dass Ärzt*innen nicht in erster Linie Entscheidungen nach ihrem beruflichen Ethos fällen, sondern vordergründig nach ökonomischen Interessen handeln.
Mit der Krankenhausreform hat die Ampelregierung wichtige Schritte gegen eine falsche Ökonomisierung im stationären Bereich eingeleitet.
Im ambulanten Bereich muss es bei den MVZ in Zukunft dringend Regelungen geben, die Transparenz schaffen bezüglich der Letzteigentümerschaft und die ärztlichen Leiter und angestellten Ärzte in der Freiheit ihrer medizinischen Berufsausübung schützen.
2. Patientensteuerung
Die gesundheitspolitische Diskussion geht gerade viel um die Steuerung der Patienten. Was wären aus Ihrer ärztlichen Sicht die drei wichtigsten, neu einzuführenden Elemente, die zu einer besseren Steuerung der Patienten und damit zu einer besseren Versorgung führen?
Ich halte die hausarztzentrierte Versorgung (HZV) für ein sehr wichtiges Element. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass die HZV, was die Versorgungsqualität und die Wirtschaftlichkeit angeht, überlegene Ergebnisse aufweist. Für die Verbreitung der HZV muss es in Zukunft noch bessere Anreize geben.
Weiterhin müssen Hausärzt*innen gestärkt werden durch eine Entbudgetierung, durch Vorhaltepauschalen und durch eine teilweise Abkehr vom Quartalsprinzip bei Patientinnen und Patienten mit nicht-komplexem Behandlungsbedarf, so wie es das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz vorgesehen hat. Hausärzt*innen sind die entscheidenden Koordinatoren in unserem Gesundheitssystem.
Nicht zuletzt müssen wir dringend die Notfallreform umsetzen. Auch die Anhörung im Bundestag hat bestätigt – sie ist essenziell für eine effizientere Patientensteuerung.
3. Digitalisierung
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens hakt noch immer. Mit welchen Anwendungen hoffen Sie, alle Praxisärzte zu Fans der Digitalisierung zu machen?
Durch die Digitalisierung können wir unsere Gesundheitsversorgung nicht nur individueller an Patientenbedürfnisse anpassen, sie flexibilisiert auch unseren Zugang zu gesundheitlicher Beratung und Hilfe. Durch mehr Digitalisierung können wir unsere Versorgung effizienter gestalten und für noch mehr Qualität sorgen. Dafür muss die eingesetzte Technik pragmatisch und verlässlich sein und nicht zu höherem Aufwand führen.
Durch den Start der ePA wird die Digitalisierung noch mal einen guten Schritt nach vorne gehen und der größere Rollout letztlich auch zu reibungsloseren Abläufen führen. Wichtig ist, dass Anbieter und Nutzer kontinuierlich im konstruktiven Austausch stehen und die Praxen sich gehört fühlen.
Für die Patientinnen und Patienten ist die ePA ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz und Autonomie.
4. Investoren
Das Treiben von Investoren im Gesundheitswesen steht in der Kritik. Welche Regelungen halten Sie für notwendig, damit Kapitalinvestoren nicht durch Rosinenpickerei die Versorgung verschlechtern?
In der ambulanten Versorgung ist es bei den MVZ zunächst wichtig, Transparenz zu schaffen. Auf Praxisschild, Briefkopf und Internet-Repräsentanz muss erkennbar sein, wer Letzteigentümer eines MVZ ist.
Weiterhin ist es wichtig, dass ein räumlicher und fachlicher Bezug zwischen einem Krankenhaus und den von ihm betriebenen MVZ besteht. Das würde die Handlungsspielräume von Investoren-MVZ bereits deutlich einschränken.
MVZ und andere Praxen sollten in den jeweiligen Fachgebieten auch ein fachtypisches Spektrum an Leistungen anbieten; eine besondere Spezialisierung sollte nur möglich sein, wenn ein besonderer Bedarf nachweisbar ist und die Grundversorgung im jeweiligen Fachgebiet ansonsten in der Region sichergestellt ist.
5. GOÄ
Die Gebührenordnung für Ärzte ist 30 Jahre alt und reformbedürftig. Jetzt haben sich Bundesärztekammer, Privatversicherungen und die Beihilfe auf eine neue GOÄ geeinigt. Würden Sie die Umsetzung einer GOÄ-Novelle in der nächsten Regierung in die Koalitionsvereinbarung schreiben?
Wir Grüne präferieren eine sukzessive Zusammenführung der privaten und gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung hin zu einer solidarischen Versicherung, die sowohl von den gesetzlichen Krankenkassen als auch von privaten Versicherungsunternehmen angeboten werden können.
Langfristig wäre dann auch eine einheitliche Gebührenordnung anzustreben. Auf dem Weg dahin kann es aber durchaus sinnvoll sein, die GOÄ-Novelle zu verabschieden, da die derzeitige GOÄ schon lange nicht mehr aktuell ist.
Die Antworten der anderen Kandidaten
Das fordert der Virchowbund
- Faire Rahmenbedingungen für Niederlassung in eigener Praxis sowohl für Hausärzte als auch Fachärzte als Gegengewicht zu Großstrukturen
- Staatsmedizin verhindern
- Selbstverwaltung stärken
- Freiberuflichkeit im Curriculum des Medizinstudiums verankern
- Benachteiligung angestellter Ärzte in einer Kooperationsstruktur aufheben
- Nationalstaatsprinzip in der EU einhalten
- Budgetierung beenden
- Rolle des koordinierenden Haus- oder Facharztes definieren
- Freie Arztwahl als Wahltarif
- Einführung von Eigenbeteiligungen
- Digitale oder Telefonische Erstanamnese
- Integrierte Notfallzentren (INZ) durch KVen
- Terminausfälle sanktionieren (No-show-Gebühr)
- Praxis-Checkin durch Patienten
- Förderung der Gesundheitskompetenz
- Digitale, arztgeführte Fallakte statt ePA
- Datenhoheit bei den Patienten
- Integration in die Praxisabläufe
- höchste Ansprüche an Datenschutz, Vertraulichkeit und Schweigepflicht
- Qualitätssiegel für Gesundheits-Apps
- rechtliche Absicherung für Ärzte bei unvollständigen Daten
- Digital Health in den Lehrplänen des Medizinstudiums
- Sanktionen gegenüber der Ärzteschaft beenden
- Anwendungen mit Mehrwert im Praxisalltag einführen
- Zustellbestätigung der Kassen bei Versand der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)
- Evaluation zur Einführung der ePA in Pilot- oder Testregionen
- angemessene Vergütung für den Aufwand, der durch die Digitalisierung in den Praxen entsteht
- Transparenz der Eigentümerstrukturen
- Der ärztliche Leiter eines MVZ muss ein zugelassener Vertragsarzt sein und ab einer bestimmten Anzahl von Ärzten in voller Zulassung arbeiten
- medizinische Alleinverantwortung durch den ärztlichen Leiter
- Erfüllung des Versorgungsauftrages kontrollieren, Rosinenpickerei verhindern
- Veräußerung von Gesellschaftsanteilen einschränken
- Gründung von Versorgungseinheiten durch Krankenhäuser einschränken
- Krankenhaus-MVZ nur mit räumlichem und Fachgebiets-Bezug
- GOÄneu unverzüglich umsetzen
- Duales System erhalten
- Entbudgetierung für Haus- und Fachärzte
- EBM an Oberarztgehalt anpassen
- Prinzip der Einzelleistungsvergütung auch im GKV-Bereich ausbauen
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