Nezahat Baradari (SPD)

5 Antworten zur Bundestagswahl 2025

Wir fragen 4 Medizinerinnen und Mediziner im Bundestag, was sie nach der Bundestagswahl 2025 bei den Themen Freiberuflichkeit, Patientensteuerung, Digitalisierung, Investoren im Gesundheitswesen und GOÄ bewegen wollen.

Hier: SPD-Kandidatin Nezahat Baradari.

 

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Kurzbiografie Nezahat Baradari

  • Geboren am 15. August 1965 (Alter 59 Jahre) in Ankara-Bogazköy, Türkei
  • Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin
  • Seit 2008 niedergelassen in eigener Praxis
  • Im Bundestag seit Januar 2019 für die SPD

Das sagt Nezahat Baradari (SPD) zu ...

1. Freiberuflichkeit

Der Arztberuf ist nach Definition ein Freier Beruf. Darauf hat nicht zuletzt auch der Patient ein Anrecht. Wo sehen Sie aktuell die Freiberuflichkeit bedroht und was muss geschehen, dass diese Freiberuflichkeit geschützt wird?

 

Ich sehe die Freiberuflichkeit an sich nicht in Gefahr.

Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass die Freiberuflichkeit attraktiv bleibt. Aber wir müssen auch erkennen, dass, egal wie attraktiv wir sie gestalten, manche Kolleginnen und Kollegen heute andere Lebensmodelle anstreben, Stichwort work-life-balance. Teilzeitmodelle, gerade für Frauen und Erziehende, halte ich für ebenso wichtig wie sprachlich breit aufgestellte Praxen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein.

Ich glaube, dass wir mit der Entbudgetierung der Kinderärzte und hoffentlich bald auch der Hausärzte schon einiges für die Freiberuflichkeit getan haben. Wir brauchen Selektivverträge, damit die Hausärzte die ersten Ansprechpartner sind. Sie sehen übrigens: Es ist nicht so, dass wir als SPD die ambulante Medizin vergessen hätten.

Die Entbudgetierung der Fachärzte muss aus meiner Sicht auch kommen, sonst wird es ungerecht.

2. Patientensteuerung

Die gesundheitspolitische Diskussion geht gerade viel um die Steuerung der Patienten. Was wären aus Ihrer ärztlichen Sicht die drei wichtigsten, neu einzuführenden Elemente, die zu einer besseren Steuerung der Patienten und damit zu einer besseren Versorgung führen?

 

Ganz einfach:

1. Wir müssen die hausarztzentrierte Versorgung stärken. Hausärzte sind oft der erste Kontakt der Patienten mit dem Gesundheitssystem. Sie sind erfahrene Lotsen.

2. Wir brauchen endlich eine Reform der Notfall- und Rettungsdienste. Sie ist so gut wie ausverhandelt. Sie sollte noch in diesem Jahr verabschiedet werden.

3. Generell eine stärkere Vernetzung zwischen stationär und ambulant, Hausärzten und Fachärzten bzw. Krankenhäusern. Da kommen verschiedene Dinge zusammen: Einiges ist in der Notfallreform enthalten (man denke an den Bereitschaftsdienst und die Stärkung der 116 117), anderes wird hoffentlich bald die ePA leisten. Es gibt auch Elemente in der Krankenhausreform.

3. Digitalisierung

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens hakt noch immer. Mit welchen Anwendungen hoffen Sie, alle Praxisärzte zu Fans der Digitalisierung zu machen?

 

Ich glaube, dass immer mehr niedergelassene Kolleginnen und Kollegen die Vorteile erkennen. Das E-Rezept ist eine enorme Erleichterung und ein echter Erfolg. Wir alle wissen, welches Potenzial die Digitalisierung für die Entbürokratisierung hat.

Mit 15 Jahren Verspätung wird nun endlich die ePA eingeführt. Am Anfang wird es ruckeln. Es wird Beschwerden geben. Aber auf lange Sicht ist es eine wahnsinnige Erleichterung. Da bitte ich auch alle Beteiligten um etwas Geduld. Wenn wir, wie so oft in Deutschland, weiter nach der sofortigen Goldrandlösung gesucht hätten, dann würden wir immer noch diskutieren, aber keine Reformen schaffen.

Klar ist, dass die ePA auf Herz und Nieren geprüft werden muss. Deshalb die schrittweise Einführung. Klar ist: Bei der Datensicherheit darf es keine Abstriche geben!

4. Investoren

Das Treiben von Investoren im Gesundheitswesen steht in der Kritik. Welche Regelungen halten Sie für notwendig, damit Kapitalinvestoren nicht durch Rosinenpickerei die Versorgung verschlechtern?

 

Das ist eine schwierige Frage. In der zu Ende gehenden Legislaturperiode hat es dazu einige Überlegungen gegeben. Keine war wirklich für alle Seiten befriedigend.

Eine Rosinenpickerei darf es nicht geben.

Eine bloße Kennzeichnung der Eigentumsverhältnisse unter dem Praxisschild wird diesen Konflikt jedenfalls nicht lösen und ist für die Freiberuflichkeit in der Einzelpraxis schädlich und verzerrt den Wettbewerb. Ich glaube, dass wir hier strengere Regelungen brauchen, wie z. B. eine starke Begrenzung der Anzahl der MVZ und dass dort Ärzte arbeiten müssen, die auch mit ihrem privaten Kapital dort investiert haben.

5. GOÄ

Die Gebührenordnung für Ärzte ist 30 Jahre alt und reformbedürftig. Jetzt haben sich Bundesärztekammer, Privatversicherungen und die Beihilfe auf eine neue GOÄ geeinigt. Würden Sie die Umsetzung einer GOÄ-Novelle in der nächsten Regierung in die Koalitionsvereinbarung schreiben?

 

Sollte die SPD im Bereich Gesundheit „am Ruder“ bleiben, dann ist die Umsetzung einer GOÄ-Novelle eines der ersten Projekte der neuen Legislatur. Das ist unser Versprechen.

Die Antworten der anderen Kandidaten

CDU/CSU

Dr. Stephan Pilsinger

„Ich habe etwas dagegen, wenn MVZ klar bessere Wettbewerbs-Bedingungen haben und diese auch ausnutzen.“

FDP

Christian Bartelt

„Wir wollen durch einen Abbau von Bürokratie wieder mehr Zeit für die Behandlung von Patienten freimachen.“

Grüne

Prof. Dr. Armin Grau

„Langfristig wäre eine einheitliche Gebührenordnung anzustreben.“

Das fordert der Virchowbund

  • Faire Rahmenbedingungen für Niederlassung in eigener Praxis sowohl für Hausärzte als auch Fachärzte als Gegengewicht zu Großstrukturen
  • Staatsmedizin verhindern
  • Selbstverwaltung stärken
  • Freiberuflichkeit im Curriculum des Medizinstudiums verankern
  • Benachteiligung angestellter Ärzte in einer Kooperationsstruktur aufheben
  • Nationalstaatsprinzip in der EU einhalten
  • Budgetierung beenden

 

Was ist Freiberuflichkeit?

  • Rolle des koordinierenden Haus- oder Facharztes definieren
  • Freie Arztwahl als Wahltarif
  • Einführung von Eigenbeteiligungen
  • Digitale oder Telefonische Erstanamnese
  • Integrierte Notfallzentren (INZ) durch KVen
  • Terminausfälle sanktionieren (No-show-Gebühr)
  • Praxis-Checkin durch Patienten
  • Förderung der Gesundheitskompetenz

 

Ideen zur Patientensteuerung entdecken

  • Digitale, arztgeführte Fallakte statt ePA
  • Datenhoheit bei den Patienten
  • Integration in die Praxisabläufe
  • höchste Ansprüche an Datenschutz, Vertraulichkeit und Schweigepflicht
  • Qualitätssiegel für Gesundheits-Apps
  • rechtliche Absicherung für Ärzte bei unvollständigen Daten
  • Digital Health in den Lehrplänen des Medizinstudiums
  • Sanktionen gegenüber der Ärzteschaft beenden
  • Anwendungen mit Mehrwert im Praxisalltag einführen
  • Zustellbestätigung der Kassen bei Versand der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)
  • Evaluation zur Einführung der ePA in Pilot- oder Testregionen
  • angemessene Vergütung für den Aufwand, der durch die Digitalisierung in den Praxen entsteht

 

Diese Anwendungen sind zentral

  • Transparenz der Eigentümerstrukturen
  • Der ärztliche Leiter eines MVZ muss ein zugelassener Vertragsarzt sein und ab einer bestimmten Anzahl von Ärzten in voller Zulassung arbeiten
  • medizinische Alleinverantwortung durch den ärztlichen Leiter
  • Erfüllung des Versorgungsauftrages kontrollieren, Rosinenpickerei verhindern
  • Veräußerung von Gesellschaftsanteilen einschränken
  • Gründung von Versorgungseinheiten durch Krankenhäuser einschränken
  • Krankenhaus-MVZ nur mit räumlichem und Fachgebiets-Bezug

 

So kann das Problem gelöst werden

  • GOÄneu unverzüglich umsetzen
  • Duales System erhalten
  • Entbudgetierung für Haus- und Fachärzte
  • EBM an Oberarztgehalt anpassen
  • Prinzip der Einzelleistungsvergütung auch im GKV-Bereich ausbauen

 

Das ist der Streit bei der GOÄ-Novelle

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