Dr. Stephan Pilsinger (CDU/CSU)

5 Antworten zur Bundestagswahl 2025

Wir fragen 4 Medizinerinnen und Mediziner im Bundestag, was sie nach der Bundestagswahl 2025 bei den Themen Freiberuflichkeit, Patientensteuerung, Digitalisierung, Investoren im Gesundheitswesen und GOÄ bewegen wollen.

Hier: CSU-Kandidat Dr. Stephan Pilsinger.

 

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Kurzbiografie Dr. Stephan Pilsinger

  • Geboren am 17. Februar 1987 (Alter 37 Jahre) in München
  • Facharzt für Allgemeinmedizin
  • Seit 2018 in Teilzeit als angestellter Arzt in einer Hausarztpraxis
  • Im Bundestag seit Oktober 2017 für die CSU

Das sagt Dr. Stephan Pilsinger (CDU/CSU) zu ...

1. Freiberuflichkeit

Der Arztberuf ist nach Definition ein Freier Beruf. Darauf hat nicht zuletzt auch der Patient ein Anrecht. Wo sehen Sie aktuell die Freiberuflichkeit bedroht und was muss geschehen, dass diese Freiberuflichkeit geschützt wird?

 

Die Freiberuflichkeit unserer Ärzte in Deutschland ist ein hohes Gut, von dem schlussendlich die Patienten profitieren und um das wir international beneidet werden.

Leider hat die noch amtierende Bundesregierung nichts getan, um die Freiberuflichkeit zu stärken – vielmehr waren insbesondere bei der SPD und bei Teilen der Grünen Bestrebungen festzustellen, dieses elementare Modell in der ambulanten Versorgung zu schwächen. Wenn es nach Karl Lauterbach ginge, wären alle Ärzte angestellt an staatlich betriebenen Krankenhäusern.

Diese Vorstellung spiegelt sich in der von der Alt-Ampel-Mehrheit gerade noch beschlossenen Krankenhausreform, bei der kleinere Häuser der Grund- und Regelversorgung verschwinden und von sogenannten „sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen“ ersetzt werden sollen, in denen nach Lauterbachs Vorstellungen nur dort angestellte Ärzte arbeiten.

Diese vormaligen Level I i-Krankenhäuser können durchaus unnötige Doppelstrukturen bilden und den niedergelassenen Arztpraxen in der Nähe Konkurrenz machen. Wir müssen genau beobachten, wie sich das nun entwickelt.

2. Patientensteuerung

Die gesundheitspolitische Diskussion geht gerade viel um die Steuerung der Patienten. Was wären aus Ihrer ärztlichen Sicht die drei wichtigsten, neu einzuführenden Elemente, die zu einer besseren Steuerung der Patienten und damit zu einer besseren Versorgung führen?

 

Eine effiziente Steuerung der Patienten durch unser doch recht unübersichtliches Gesundheitssystem ist für mich eine der Prioritäten der Gesundheitspolitik in der kommenden Wahlperiode.

Um dies zu erreichen, schlage ich vor, die schon bestehende und erfolgreich laufende, aber noch zu wenig bekannte Hausartzentrierte Versorgung (HZV) zu bonifizieren. Heißt: Jede Krankenkasse muss gesetzlich verpflichtet werden, künftig zwei Tarife anzubieten, bei denen die Versicherten freie Wahl haben:

Erstens einen etwas günstigeren HZV-Tarif, in dem sich der Versicherte verpflichtet, bei allen neuen gesundheitlichen Problemen grundsätzlich zunächst seinen Hausarzt aufzusuchen, der dann in die richtige Versorgungsebene überweist. Ausgenommen werden sollten chronische Erkrankungen und solche, bei denen klar ist, welche Arztgruppe zuständig ist, also z.B. Augenarzt, Gynäkologe und Orthopäde.

Zweitens müssen die Kassen einen etwas teureren „Free Choice“-Tarif anbieten, mit dem der Versicherte weiterhin völlig freie Arztwahl hat und im System frei von Praxis zu Praxis springen kann, wie es heute ja allgemein Realität ist.

Ich bin überzeugt, dass wir so ein paar Millionen Versicherte in die HZV bekommen, wenn sich z. B. 60 Euro im Monat an Beiträgen sparen lässt. Systemrelevant sind die hohen Einsparkosten, die wir generieren, wenn Doppeluntersuchungen oder Besuche bei mehreren Ärzten derselben Fachgruppe vermieden werden. Damit entlasten wir die angespannte Finanzsituation der GKV immens.

3. Digitalisierung

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens hakt noch immer. Mit welchen Anwendungen hoffen Sie, alle Praxisärzte zu Fans der Digitalisierung zu machen?

 

Als Bundestagsabgeordneter und relativ junger Arzt, der ich nebenberuflich weiterhin in einer Landarztpraxis praktiziere, sehe ich eher die Vorteile einer weitgehenden Digitalisierung als die Nachteile: Von der digitalen Terminvergabe, die vor allem die MFAs entlastet, über die eAU und das E-Rezept, womit wir die alte Zettelwirtschaft endlich loswerden, bis hin zur bald ausrollenden ePA, womit wir Ärzte eine gute und vollständige Übersicht über die Krankheitsgenese des jeweiligen Patienten bekommen (ebenso wie die Patienten selbst natürlich).

Natürlich muss das technisch sofort funktionieren und in der Anwendung leicht verständlich sein. Alles andere sorgt bei den Ärzten und MFAs nur für Frust, vgl. das Debakel um die Praxis-Konnektoren.

Das trifft besonders auch für die PVS zu. Wenn die veraltet ist und nur schwerlich läuft, muss ein reibungsloser Wechsel hin zu einer anderen, modernen Software möglich sein. Dazu müssen entsprechende Schnittstellen verpflichtend gemacht werden, damit der Wechsel überhaupt möglich wird. Das war in der Vergangenheit oft ein Problem, das so viel Ärger verursacht hat, dass die Praxisinhaber dann doch lieber bei der alten PVS geblieben sind. Das darf nicht mehr passieren.

Jede Praxis soll den Standard von 2025 anwenden können, nicht den von 1999, weil der Wechsel einfach zu schwierig und umständlich ist.

4. Investoren

Das Treiben von Investoren im Gesundheitswesen steht in der Kritik. Welche Regelungen halten Sie für notwendig, damit Kapitalinvestoren nicht durch Rosinenpickerei die Versorgung verschlechtern?

 

Dass so einige MVZ, die womöglich noch von nicht nachverfolgbaren Investoren aus dem Ausland geführt werden, die den angestellten Ärzten Vorgaben über zu erreichende Quartalszahlen machen und die nur lukrative Leistungen wie Augenlasern anbieten, unser System missbrauchen, ist nicht weiter hinnehmbar.

Ich habe per se nichts gegen MVZ. Sie können eine sinnvolle Ergänzung der Versorgung vor allem in ländlichen Regionen sein. Ich habe aber klar etwas dagegen, wenn MVZ faktisch klar bessere Wettbewerbsbedingungen haben und diese auch ausnutzen.

Als gesetzliche Maßnahmen zur Regulierung der MVZ schwebt mir u.a. vor, dass

  1. MVZ zukünftig nur noch dann eine Zulassung erteilt werden darf, wenn und solange die Betreiberschaft mehrheitlich in der Hand von Ärzten liegt,
  2. ein regionaler Bezug des Betreibers zu seinem MVZ zwingend gegeben sein muss – ein Wald-und-Wiesen-Krankenhaus also nicht bundesweit Praxisketten aufbauen darf –, oder  
  3. alle an einem MVZ beteiligten natürlichen und juristischen Personen öffentlich erkennbar sein müssen. Jedem Patienten muss klar und transparent gemacht werden, in welche Hand er eigentlich seine Gesundheit legt.

Diese und weitere Maßnahmen würden einen fairen Wettbewerb zwischen den niedergelassenen Praxen und den MVZ schaffen und Missbrauch sowie überbordende Marktmacht verhindern.

5. GOÄ

Die Gebührenordnung für Ärzte ist 30 Jahre alt und reformbedürftig. Jetzt haben sich Bundesärztekammer, Privatversicherungen und die Beihilfe auf eine neue GOÄ geeinigt. Würden Sie die Umsetzung einer GOÄ-Novelle in der nächsten Regierung in die Koalitionsvereinbarung schreiben?

 

Für die längst überfällige Novellierung der GOÄ spreche ich mich schon seit Jahren aus. Als zuständiger Berichterstatter meiner Fraktion habe ich in dieser Wahlperiode einen Antrag eingebracht (siehe Bundestagsdrucksache 20/7586), in dem wir die Bundesregierung dazu auffordern, dies endlich in Zusammenarbeit mit den relevanten Akteuren zu tun.

Dass die damalige Ampel (im Übrigen auch die FDP!) den Antrag abgelehnt hat und von sich aus rein gar nichts vorangebracht hat, zeigt, wie fremd vor allem Rot-Grün die Freiberuflichkeit unserer Ärzte und die Private Krankenversicherung sind.

Ich bin der BÄK, dem PKV-Verband und der Beihilfe sehr dankbar, dass sie in Eigenregie und mit viel Energie und Detailfokussierung eine neue GOÄ erarbeitet haben, die die Versorgungsrealität der heutigen Zeit widerspiegelt. So zeigt sich doch, dass die freien Berufe in Deutschland funktionieren und effizient arbeiten.

An dieser Stelle möchte ich an alle Ärztegruppe appellieren, nun zusammenzustehen und den Entwurf der GOÄ mitzutragen. Wenn sich jetzt einzelne Arztgruppen über den einen oder anderen Abstrich beschweren und deswegen öffentlichkeitswirksam den gesamten GOÄ-Entwurf verteufeln, so spielt das nur in die Hände derer, die die GOÄ aus ideologischen Gründen am liebsten sowieso abschaffen wollten.

Die Antworten der anderen Kandidaten

SPD

Nezahat Baradari

„Die Entbudgetierung der Fachärzte muss kommen, sonst wird es ungerecht.“

Grüne

Prof. Dr. Armin Grau

„Langfristig wäre eine einheitliche Gebührenordnung anzustreben.“

FDP

Christian Bartelt

„Wir wollen durch einen Abbau von Bürokratie wieder mehr Zeit für die Behandlung von Patienten freimachen.“

Das fordert der Virchowbund

  • Faire Rahmenbedingungen für Niederlassung in eigener Praxis sowohl für Hausärzte als auch Fachärzte als Gegengewicht zu Großstrukturen
  • Staatsmedizin verhindern
  • Selbstverwaltung stärken
  • Freiberuflichkeit im Curriculum des Medizinstudiums verankern
  • Benachteiligung angestellter Ärzte in einer Kooperationsstruktur aufheben
  • Nationalstaatsprinzip in der EU einhalten
  • Budgetierung beenden

 

Was ist Freiberuflichkeit?

  • Rolle des koordinierenden Haus- oder Facharztes definieren
  • Freie Arztwahl als Wahltarif
  • Einführung von Eigenbeteiligungen
  • Digitale oder Telefonische Erstanamnese
  • Integrierte Notfallzentren (INZ) durch KVen
  • Terminausfälle sanktionieren (No-show-Gebühr)
  • Praxis-Checkin durch Patienten
  • Förderung der Gesundheitskompetenz

 

Ideen zur Patientensteuerung entdecken

  • Digitale, arztgeführte Fallakte statt ePA
  • Datenhoheit bei den Patienten
  • Integration in die Praxisabläufe
  • höchste Ansprüche an Datenschutz, Vertraulichkeit und Schweigepflicht
  • Qualitätssiegel für Gesundheits-Apps
  • rechtliche Absicherung für Ärzte bei unvollständigen Daten
  • Digital Health in den Lehrplänen des Medizinstudiums
  • Sanktionen gegenüber der Ärzteschaft beenden
  • Anwendungen mit Mehrwert im Praxisalltag einführen
  • Zustellbestätigung der Kassen bei Versand der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)
  • Evaluation zur Einführung der ePA in Pilot- oder Testregionen
  • angemessene Vergütung für den Aufwand, der durch die Digitalisierung in den Praxen entsteht

 

Diese Anwendungen sind zentral

  • Transparenz der Eigentümerstrukturen
  • Der ärztliche Leiter eines MVZ muss ein zugelassener Vertragsarzt sein und ab einer bestimmten Anzahl von Ärzten in voller Zulassung arbeiten
  • medizinische Alleinverantwortung durch den ärztlichen Leiter
  • Erfüllung des Versorgungsauftrages kontrollieren, Rosinenpickerei verhindern
  • Veräußerung von Gesellschaftsanteilen einschränken
  • Gründung von Versorgungseinheiten durch Krankenhäuser einschränken
  • Krankenhaus-MVZ nur mit räumlichem und Fachgebiets-Bezug

 

So kann das Problem gelöst werden

  • GOÄneu unverzüglich umsetzen
  • Duales System erhalten
  • Entbudgetierung für Haus- und Fachärzte
  • EBM an Oberarztgehalt anpassen
  • Prinzip der Einzelleistungsvergütung auch im GKV-Bereich ausbauen

 

Das ist der Streit bei der GOÄ-Novelle

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