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Patientenkommunikation in der Arztpraxis
Das Arzt-Patient-Gespräch ist der Ausgangspunkt für Diagnose und Behandlung in Arztpraxen. Doch keine Praxis bleibt von schwierigen Patienten und Situationen verschont. In diesem Beitrag finden Sie Verhaltensregeln und Tipps für Ärzte und MFA, wie eine wertschätzende Beziehung zu Patienten gelingt.
Direkt zum Thema Beschwerdemanagement geht es hier.
Arzt-Patient-Beziehung
Das Arzt-Patient-Verhältnis ist die Basis der Kommunikation und der medizinischen Behandlung. Eine gute Beziehung wirkt sich positiv auf Behandlungserfolg und Gesundheit des Patienten aus, auch weil die Treue zur Behandlung steigt. Menschen, die ihrer behandelnden Ärztin oder ihrem behandelnden Arzt weniger vertrauen, neigen dazu, Informationen zu verschweigen, die für Diagnostik und Therapie wichtig sein könnten.
Das paternalistische Modell der Arzt-Patienten-Beziehung herrschte bis vor wenigen Jahrzehnten in der Medizin vor. Dabei trifft der Arzt die Entscheidungen autark – wie heute z. B. noch bei Notfällen üblich.
Moderne Patientenkommunikation soll stärker auf das Informationsbedürfnis der Patienten eingehen. Dafür ist es u. a. nötig, die sprechende Medizin zu stärken – auch, indem das Gespräch zwischen Ärztin und Patient besser vergütet wird.
Mehr zur sprechenden Medizin lesen Sie unter Abrechnung erklärt und Honorar.
Shared Decision Making (partizipative Entscheidungsfindung) beschreibt eine moderne Form der Beziehung zwischen Ärztin und Patient, in der sich die Parteien auf Augenhöhe am medizinischen Entscheidungsprozess beteiligen. Patienten teilen ihre subjektiven Bedürfnisse, Erwartungen und Ziele mit, Ärzte erklären Krankheitsbilder, Diagnosen und Behandlungsoptionen mit Vorteilen und Nachteilen.
Beim Shared Decision Making entscheiden Arzt und Patientin gemeinsam über therapeutische Maßnahmen. Studien zeigen: Dadurch können die Chancen des Behandlungserfolgs steigen. Patienten sind stärker involviert, fühlen sich verstanden und können Ziele und Maßnahmen besser nachvollziehen. Dies verbessert ihre Zufriedenheit, Mitarbeit und Therapietreue. Speziell bei chronischen Krankheiten treten so seltener Komplikationen auf.
Auf welche Weise Sie aufklären müssen, schreibt das Patientenrechtegesetz im Bürgerlichen Gesetzbuch vor.
Im Praxisärzte-Blog verraten wir Ihnen u. a., wie Sie Beschwerden nach dem Aufklärungsgespräch vermeiden.
Vorteile guter Patientenkommunikation
Gute Kommunikation ist eine wichtige Voraussetzung für jede gute Beziehung, auch zwischen Ärztin und Patientin.
Die sprechende Medizin ist nur auf den ersten Blick zeitintensiver, denn bei zu kurzen oder hastigen Gesprächen gehen oft auf beiden Seiten wichtige Informationen verloren. Das kann die Behandlung in die Länge ziehen und dazu führen, dass Patienten häufiger als nötig in der Praxis erscheinen.
Studien der Universitäten Leipzig und Neuchâtel haben gezeigt, dass Ärztinnen häufiger nachfragen und besser zuhören als ihre männlichen Kollegen – und so mehr relevante Hinweise erhalten.
Sie
- wollen nicht verurteilt oder belehrt werden
- wollen nicht hören, wie gefährlich ihr Verhalten ist
- schämen sich
- sind mit der ärztlichen Empfehlung nicht einverstanden
- verstehen ärztliche Anweisungen nicht
Im Durchschnitt werden Patienten im Sprechzimmer nach 15 Sekunden unterbrochen – chronische Kranke sogar schon nach 7 Sekunden. Insgesamt sprechen Patienten beim Arztbesuch nur 90 Sekunden über ihre Beschwerden.
Feldversuche ergaben: Wenn Ärzte länger zuhören und nicht unterbrechen, steigt die spätere Zufriedenheit der Patienten mit der ärztlichen Behandlung signifikant.
Die richtigen Fragen im Patientengespräch stellen
Frage ist nicht gleich Frage. Geschlossene Fragen (Ja/Nein) helfen, rasch spezifische Informationen wie eine Checkliste abzufragen, können aber auch relevante Informationen ausblenden.
Wertschätzende Fragen zeigen Patienten, dass sie als Mensch wahrgenommen werden. Eine gute Frage zu Beginn ist offen: „Was kann ich für Sie tun?“.
Anschlussfragen dienen dazu, besser zu verstehen: „Was meinen Sie mit XY?“, „Können Sie mir das genauer erklären?“. Dieses Nachfragen ist eine Form des aktiven Zuhörens.
Mit Fragen wie „Was würde Sie motivieren mit dem Rauchen aufzuhören?“ können Sie die Therapietreue stärken.
Tipps für die verbale und non-verbale Patientenkommunikation
- Ziel und Struktur des Gesprächs erklären (z. B. Beratung)
- einleitenden Bericht möglichst nicht unterbrechen
- Zuwendung: Augenkontakt statt Blick auf den Bildschirm
- wiederholt mit Namen ansprechen
- aktiv zuhören, Fragen stellen und das Gehörte in eigenen Worten wiederholen
- Ich-Aussagen nutzen
- sich in Ihr Gegenüber hineinversetzen, Bedürfnisse und persönliche Lebensumstände erfragen
- Patient nicht auf die Krankheit oder einen „Fall“ reduzieren
- Wortschatz, Tempo und Lautstärke dem Gegenüber anpassen
- Emotionale und nonverbale Reaktionen (Körpersprache) beobachten
- Therapieziel erfragen und vom Patienten selbst formulieren lassen, dabei zu positiver („end-lich X“) statt negativer („nicht mehr Y“) Formulierung anregen
- Prüfen, ob die Patientin verstanden hat und in eigenen Worten wiederholen lassen
- Geschlossene Fragen (Ja/Nein) dosiert zur Gesprächslenkung einsetzen
- Patienten in Maßnahmen einbeziehen („Was können Sie tun, um XY zu erreichen?“)
- Broschüren zum Lesen mitgeben
- Hektik vermeiden
- Empathie zeigen
- authentisch bleiben
Eine Praxis wird in Bewertungsportalen gut bewertet, wenn dort wertschätzend und zuvorkommend miteinander gesprochen wird. Das betrifft alle Interaktionen, auch die von Ärzten gegenüber MFAs und der Mitarbeitenden untereinander.
Am Seitenende können Sie als Mitglied die Praxisinfos „Mitarbeitergespräch“ und „Arztbewertungsportale“ herunterladen. Darin geben wir zahlreiche weitere Tipps und Hinweise, wie Sie die Kommunikation in Ihrer und über Ihre Praxis verbessern können.
Zusätzlich bieten wir Online-Seminare zur Fortbildung zu Patientenkommunikation, Mitarbeiterführung und anderen Themen an.
Umgang mit schwierigen Patienten
Was macht schwierige Patienten aus? Viele Ärzte empfinden Patienten als schwierig, die ihre Diagnose bereits von Dr. Google haben, die viel reden und nicht zum Punkt kommen, fordernd und aggressiv auftreten, Anweisungen nicht verstehen oder beratungsresistent sind.
Auch diesen Menschen sollten Sie mit Empathie und Wertschätzung begegnen. Ziel ist, ihr eigentliches Bedürfnis zu verstehen. Konkretes Nachfragen ist eine gute Möglichkeit:
- „Was genau möchten Sie besprechen?“
- „Worauf wollen Sie damit hinaus?“
- „Hatten Sie diese Beschwerden gestern nach dem Abendessen?“
Verwechseln Sie schwierige Patienten nicht mit jenen, die eine Beschwerde über Sie oder Ihre Praxis äußern. Vielleicht ist der Patient nur unzufrieden und die Beschwerde gar gerechtfertigt? In jedem Fall sollten Sie Beschwerden gesondert behandeln. Langfristig ist es am effektivsten und einfachsten, ein gutes Beschwerdemanagement in Ihrer Praxis zu etablieren.
Sehr gesprächige oder emotionale Menschen können Sie sanft zum Kern des Themas zurücklenken:
- „Wie wäre es, wenn wir zunächst bei den Rückenschmerzen bleiben und Sie meine Fragen möglichst kurz beantworten?“
- „Können Sie sich vorstellen, dass ich mich genauso um Sie kümmere, wenn Sie Ihre Beschwerden ganz kurz schildern, ohne sie auszuschmücken?“
Sie können besonders mitteilsame Zeitgenossen auch auffordern, Beschwerden aufzuschreiben und zu priorisieren. Für die weniger wichtigen Themen können Sie Folgetermine vergeben. Dazu eignet sich die Privatsprechstunde: Erklären Sie, dass Sie dort mehr Zeit haben, sich den Beschwerden intensiv zu widmen. Für mehr Tipps lesen Sie den Beitrag über individuelle Gesundheitsleistungen.
Wenn es nötig ist, zu unterbrechen, sollten Sie:
- Ihr Gegenüber anschauen und mit Namen ansprechen, notfalls z.B. am Arm berühren
- das Gesagte kurz zusammenfassen
- das Gespräch strukturieren, Fokuspunkte und Ziele nennen („Ich würde mich heute gerne auf die Schmerzen im Rücken konzentrieren und für die weiteren Beschwerden einen eigenen Termin machen“)
- das Einverständnis einholen („Sind Sie damit einverstanden, dass wir so weitermachen?")
Unsichere Menschen können für Ärzte schwierig sein, wenn sie zu geringer Compliance neigen – weil sie den ärztlichen Rat nicht verstanden haben oder Konflikte bei der Umsetzung scheuen. Solche Personen sollten Sie direkt nach Schwierigkeiten fragen und ihre Eigenverantwortung deutlich machen:
- „Machen Sie sich Sorgen über Nebenwirkungen?“
- „Könnte Sie etwas daran hindern, das Besprochene umzusetzen?“
- „Ohne Ihre Mithilfe kann die Maßnahme nicht wirken.“
- „Kann ich mich darauf verlassen, dass Sie die Tabletten regelmäßig nehmen?“
Regelmäßige Kontrollen und schriftliche Pläne und Vereinbarungen können helfen.
Anspruchsvolle, misstrauische und rechthaberische Menschen wollen die Kontrolle behalten. Geben Sie ihnen dieses Gefühl. Machen Sie deutlich, dass sie über die ärztliche Behandlung mitentscheiden sollen.
- „Das wird immer Ihre Entscheidung sein.“
- „Ich finde es gut, dass Sie selbst mitdenken.“
- „Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen gern den Laborbericht im Original.“
- „Sie haben recht, mit Medikamenten muss man vorsichtig umgehen. Ich sehe es wie Sie, dass man nur das unbedingt Notwendige nehmen sollte.“
Wie Sie bei aggressiven Patienten deeskalieren, erklären wir in einem eigenen Beitrag im Praxisärzte-Blog.
Die ärztlichen Behandlungspflichten ergeben sich u. a. aus der Berufsordnung. Dennoch können Sie in einigen Fällen auch die Behandlung ablehnen. Klicken Sie auf die Links, um mehr zu erfahren.
Bei aller Mühe und aller gelingender Kommunikation: Allen können Sie es nicht recht machen. Manchmal bleiben Erwartungen unerfüllt und Patientinnen enttäuscht. In solchen Fällen beschweren sie sich manchmal. Auch Beschwerden sollten Sie immer ernst nehmen. Doch wie gehen Sie am besten damit um, gerade im hektischen Praxisalltag?
Lesen Sie hier nach, wie Sie besseres Beschwerdemanagement in Ihrer Praxis etablieren.
Patienten IGeL anbieten
Ein sensibles Thema in der Kommunikation mit Patienten sind auch individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). Oft können diese eine sinnvolle Ergänzung in der Behandlung sein. Dennoch scheuen sich viele Ärzte, ihren Patienten IGeL proaktiv anzubieten.
In der Kommunikation mit den Patienten sollte der individuelle Mehrwert durch die Selbstzahler-Leistung im Vordergrund stehen. Gleichzeitig sollten Sie auch transparent über Kosten und mögliche Risiken aufklären.
Lesen Sie hier mehr zum Thema IGeL. Am Seitenende können Sie die kostenlose IGeL-Broschüre mit Tipps und einer Gesprächs-Checkliste für Arzt und Patient herunterladen.
Als Mitglied können Sie auch den Muster-Behandlungsvertrag für Kassenpatienten herunterladen. Unsere Rechtsberatung hilft Ihnen, diesen an Ihre Praxis anzupassen. Dieser Service ist in Ihrem Mitgliedsbeitrag bereits inbegriffen.
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