Praxisnetz

Praxisnetze sind eine beliebte Kooperationsform unter niedergelassenen Ärzten. Alles über Gründung, Anerkennung und Förderung von Arztnetzen.

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In einem Praxisnetz oder Ärztenetz schließen sich selbstständige Praxen einer Stadt oder Region zusammen.Das Netz sorgt für kollegialen Austausch und stärkt die Zusammenarbeit unter den teilnehmenden Ärzten und Praxen. So wird die Patientenversorgung verbessert. Die einzelnen Praxen bleiben dennoch unabhängig.

Arten von Praxisnetzen

Während einige Praxisnetze eher lose Qualitätszirkel oder Einkaufsgemeinschaften sind, haben andere professionelle Managementstrukturen und schließen eigene Verträge mit Krankenkassen.

Man unterscheidet außerdem bei Netzen zwischen

  • indikationsspezifisch
  • populationsbezogen

Indikationsspezifische Praxisnetze spezialisieren sich auf die Versorgung einer bestimmten Erkrankung. Populationsbezogene Arztnetze dagegen sind indikationsübergreifend tätig.

Vorteile und Nachteile

Ärztenetze werden gegründet, um eine interdisziplinäre, kooperative, wohnortnahe ambulante medizinische Versorgung in einer Region zu organisieren. Auch andere Gesundheitsberufe, wie Psychotherapeuten oder Physiotherapeuten, Kliniken und Apotheken können Teil des Netzes sein.

Praxisnetze können die Effizienz und Qualität der Patientenversorgung steigern. Behandlungsabläufe werden besser koordiniert, die knappen Ressourcen zielgerichtet eingesetzt. Klare Abläufe und Regeln sparen Zeit.

Ein Ärztenetz bietet die Gelegenheit für intensiven kollegialen Austausch, z. B. in Qualitätszirkeln und bei Fallbesprechungen. Viele Netze betreiben aktives Wissensmanagement und haben gemeinsame Standards bei der Behandlung und Dokumentation.

Unser Qualitätsmanagement in der Praxis profitiert vom Austausch innerhalb unseres Netzes. Ich bin einerseits Teil eines großen, fachübergreifenden Ärzteteams und andererseits immer noch unabhängig und selbstständig in meiner eigenen Praxis.

Dr. Andreas Lipécz
Hausarzt im Gesundheitsnetz QuE eG Nürnberg

Praxen profitieren aber auch wirtschaftlich davon, Teil eines Netzes zu sein. Einerseits, weil sie Kosten sparen, indem sie z. B. Einkaufsgemeinschaften bilden und Verwaltungsarbeit bündeln. Andererseits können sie ein breiteres Leistungsspektrum anbieten und ihre Marktposition stärken. Auch die Patienten sind im Schnitt zufriedener.

Außerdem können Praxisnetze Direktverträge mit Krankenkassen abschließen, z. B. für integrierte Versorgung, hausarztzentrierte Versorgung (HZV) oder fachärztliche Versorgung. Einige Praxisnetze entwickeln innerhalb eines Projektes sogar neue Versorgungsformen.

Lesen Sie hier mehr über kooperative Praxismodelle wie z. B. die Berufsausübungsgemeinschaft.

 

Die wenigen Nachteile eines Ärztenetzes sind, dass die Netzgründung und -führung gut organisiert sein müssen und Zeit kosten. Ein Netz muss wie ein eigenes Unternehmen gemanagt werden.

Ärztenetz gründen

Am Anfang der Netzgründung steht eine gemeinsame Idee und Vision, wie das Praxisnetz die Versorgung in der Umgebung verbessern kann. Fassen Sie diese Vision in eine konkrete Absichtserklärung. Diese Absichtserklärung aller Netzteilnehmer schafft Verbindlichkeit und kann helfen, weitere Partner von der Idee zu begeistern.

Wenn Sie die Anerkennung und Förderung durch die KV anstreben, sollten Sie die Versorgungsziele im Blick behalten:

  • Patientenzentrierung
  • kooperative Berufsausübung
  • verbesserte Effizienz

 

Außerdem sollten Sie vor der Gründung eine Standortanalyse durchführen und die Potenziale des Netzes im Vorfeld genau prüfen. Wer kommt als Netzteilnehmer oder Kooperationspartner in Frage? Welche Konkurrenz gibt es? Welches Einzugsgebiet soll das Netz haben und wie viele Versicherte mit welcher Morbiditätsstruktur umfasst es? Unter Umständen müssen Sie Ihre Versorgungsziele noch einmal anpassen.

Ein erfolgreiches Arztnetz passt sich an die Verhältnisse vor Ort an, also z. B. an die kulturellen Gegebenheiten und den sozioökonomischen Kontext der Patienten. Von entscheidender Bedeutung ist das Entstehen eines Wir-Gefühls im Netz. Darüber hinaus sind verbindliche Strukturen enorm wichtig für einen nachhaltigen Erfolg des Netzes.

Dr. Veit Wambach
Stv. Bundesvorsitzender, Gründer der Agentur Deutscher Arztnetze

Erstellen Sie im Anschluss einen Businessplan. Der Businessplan beinhaltet:

  • Kurzbeschreibung
  • Versorgungskonzept
  • Leistungsspektrum
  • Serviceangebote
  • Markt und Wettbewerb
  • Marketing
  • Management und Personal
  • Organisationsstruktur
  • Chancen und Risiken
  • Alleinstellungsmerkmal(e)
  • Finanzplanung

Den Businessplan können Sie später auch KV, Krankenkassen etc. vorlegen, wenn Sie Förderungen beantragen.

Auf Basis des Businessplans müssen Sie nun noch die Finanzierung des Netzes etablieren. Kalkulieren Sie die planbaren und die prognostizierten Kosten für die Gründung und Führung des Netzes. Beziehen Sie aber auch Kosten für mögliche Netzprojekte ein. Um die Kosten zu decken, können Sie einmalige oder laufende Mitgliedsbeiträge erheben und zusätzliche Geldquellen suchen. Mehr zur finanziellen Förderung von Netzen durch die KV lesen Sie weiter unten.

Themen wie Recht, Steuern, Organisationsaufbau, Management und Kommunikation sollten mit fachlicher Unterstützung angegangen werden. Das kostet zwar Geld, aber es zahlt sich später doppelt und dreifach aus.

Dr. Heike Kunert
Hausärztin im Praxisnetz Gesundheitsnetz Südost e.V. (Berlin)

Wenn Sie schließlich den Vertrag zur Netzgründung aufsetzen, können Sie unter mehreren Rechtsformen wählen:

  • eingetragener Verein (e.V.)
  • Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
  • Genossenschaft
  • GmbH

Welche Gesellschaftsform für Ihr Arztnetz mehr Vorteile bietet, klärt man am besten in einem individuellen Beratungsgespräch.

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Andrea Schannath
Rechtsberatung

Informieren Sie die Landesärztekammer über die Gründung des Praxisnetzes. Eine Genehmigung des Zulassungsausschusses brauchen Sie aber nicht. Später können Sie das Praxisnetz formal bei der Kassenärztlichen Vereinigung anerkennen lassen, um Förderung zu erhalten.

Anerkennung und Förderungen für Praxisnetze

Praxisnetze können finanzielle Förderung der Kassenärztlichen Vereinigung erhalten.

Wenn die KV ein Praxisnetz fördert, kann sie ihm ein eigenes Honorarbudget oder Honorarvolumen als Teil der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung zuweisen. Das Praxisnetz darf selbst bestimmen, wie dieses Budget unter den Netzärzten verteilt wird. Diese Basisfinanzierung sichert Netze ab und motiviert die Krankenkassen, Direktverträge abzuschließen.

 

Voraussetzungen zur Förderung

Für eine Förderung müssen Arztnetze mindestens 3 Jahre existieren. Außerdem müssen sie die Anforderungen an Struktur und Qualität erfüllen, welche die Rahmenvorgabe zur Anerkennung von Praxisnetzen vorschreibt. Darin ist u. a. geregelt, dass mindestens 3 Fachgruppen in 20 bis 100 Praxen beteiligt sein sollen. Hausärztinnen und Hausärzte müssen immer mit an Bord sein.

Die Netze müssen auch nachweisen, mit welchen Maßnahmen sie Verbesserungen der Qualität und der Wirtschaftlichkeit erreichen wollen. Entscheidend sind die 3 Versorgungsziele: Patientenzentrierung, kooperative Berufsausübung und verbesserte Effizienz. Außerdem müssen Arztnetze Standards zum Qualitätsmanagement und Informationsmanagement festlegen.

Netzmanagement

Professionelle Praxisnetze brauchen ein eigenes Netzmanagement. Um anerkannt zu werden, muss das Netz deshalb eine Geschäftsstelle, einen Geschäftsführer und einen ärztlichen Leiter bzw. Koordinator haben.

Anerkennungsstufen

Die Anerkennung eines Netzes ist in 3 Stufen unterteilt:

  • Basis-Stufe
  • Stufe I
  • Stufe II

Netze müssen nicht alle Stufen durchlaufen, sondern können in die für sie passende Stufe einsteigen.

Die Strukturanforderungen sind für alle Stufen gleich. Die Anforderungen bei den Versorgungszielen steigen von Stufe zu Stufe und bauen aufeinander auf. Es besteht aber keine Pflicht zur Weiterentwicklung in die nächsthöhere Stufe.

Netzmanagement

Das Netzmanagement spielt für den Erfolg eine entscheidende Rolle. Entweder setzen Sie ein eigenes Team aus Netz-Mitarbeitern ein, oder Sie holen sich Unterstützung bei einer Beratungsfirma. Welche Option des Netzmanagements sinnvoller ist, kommt auf die Größe und Ziele des Ärztenetzes an.

Diese Aufgaben können beim Netzmanagement anfallen:

  • Fortbildungen, Qualitätszirkel, Schulungen für Praxisteams etc. organisieren und durchführen
  • Sitzungen vor- und nachbereiten
  • Netzwerken (netzintern und extern)
  • Interne Kommunikation an Ärzte und MFA im Netz (z. B. neue Gesetze, Leitlinien)
  • Kontakt zu Krankenkassen, integrierte Verträge verhandeln und verwalten
  • Marketing
  • Praxen beim Prozess-, Risiko- oder Qualitätsmanagement unterstützen
  • Strategien zur Effizienzsteigerung und neue Ideen zur Versorgung entwickeln
  • Controlling (z. B. Abrechnung, Qualitätsindikatoren)
  • IT-Support und Schulungen

Das Netzmanagement kann nach DIN EN ISO 9001:2008 zertifiziert werden.

Vorreiter der Arztnetze

Schon 1983 erstritt der Virchowbund in einem Musterprozess vor dem Bundessozialgericht, dass sogenannte fachübergreifende Gemeinschafspraxen zugelassen wurden. Damit legte der Virchowbund den Grundstein für ärztliche Kooperationen wie Praxisnetze und Berufsausübungsgemeinschaften. Lesen Sie hier, wofür wir uns noch in der Verbandsarbeit einsetzen.

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