GOÄ-Novelle: letzte Chance für den Freien Beruf Arzt

Die zwischen Bundesärztekammer, Privatversicherern und der Beihilfe konsentierte Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist ein Durchbruch für eine angemessene Honorierung vor allem in der patientennahen Behandlung. Nach über 30 Jahren Stillstand liegt mit der GOÄ zwar ein aktuelles Leistungsspektrum vor, das aber teils schwere Verwerfungen zwischen einzelnen Fachgruppen beinhaltet.

Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes

Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes (© Virchowbund / Lopata)

Jetzt zeigen sich die vorhergesagten Folgen durch vorangegangene Fehlentscheidungen: Es war prinzipiell falsch, sich darauf einzulassen, dass zunächst eine konsentierte Fassung zwischen Ärzten und Kostenträgern erarbeitet werden sollte (sogenannte Verhandlungslösung). Vom Grundsatz her ist der Verordnungsgeber für den Erlass einer Gebührenordnung nach einem vorherigen Anhörungsverfahren zuständig. Das Vorschlagsrecht steht allein der Ärzteschaft zu. Dies stellt einen definitorischen Teil des Freien Berufes dar. Für alle anderen Freien Berufe, wie Tierärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater und Ingenieure, ist dies die verfassungsmäßige Vorgehensweise. Dass der Verordnungsgeber dies in der Humanmedizin seit inzwischen gut 30 Jahren versäumt hat, ist Staatsversagen.

Der zweite gravierende Fehler war die Übereinkunft über einen engen Zielkorridor hinsichtlich der notwendigen Preissteigerungen nach über 30 Jahren Stillstand. Damit wurde eine echte betriebswirtschaftliche Berechnung der Gebührenpositionen unmöglich gemacht. Dies führt zwangsläufig zu Verschiebungen unter den Fachgruppen und zu massiven Abwertungen in einzelnen Bereichen, mit der Folge, dass dort keine betriebswirtschaftlich kalkulierte Leistungserbringung mehr möglich ist. Auch die notwendige Besserbewertung der sprechenden Medizin mit einer Abwertung technischer Leistungen zu verknüpfen, um Kostenneutralität herzustellen, erweist sich, wie befürchtet, als Konstruktionsfehler.

Im Ergebnis der novellierten GOÄ offenbaren sich die schweren Fehler der Bundesärztekammer in der Vergangenheit, namentlich unter der Führung von Prof. Frank Ulrich Montgomery, die schließlich zu einem außerordentlichen Deutschen Ärztetag 2016 und zur erzwungenen Einbindung aller Fachverbände geführt haben.

Jetzt am Ende eines langwierigen Prozesses ist die vorliegende GOÄ zwar nicht ideal und mit Konstruktionsfehlern behaftet, aber gleichwohl notwendig und die letzte Chance für eine aktuelle ärztliche Gebührenordnung. Damit ist sie eine wesentliche Existenzgrundlage für den Freien Beruf des Arztes.

Für Bundesgesundheitsminister Lauterbach gibt es nun keinen Hinderungsgrund mehr, die von ihm zugesagte „vorurteilsfreie Prüfung“ schnell abzuschließen und die Verordnung für die GOÄneu zu erlassen.

 

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